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werb und Verlust derselben. Dies kann auch in der Bezeichnung
des früheren Gesetzes „über die Erwerbung und den Verlust der
Bundes- und Staatsangehörigkeit“ deutlicher zum Ausdruck als
nach dem neuen Gesetze, das sich „Reichs- und Staatsangehörig-
keitsgesetz* nennt. Das Wesen der Staatsangehörigkeit liegt aber
nach wie vor außerhalb des Rahmens dieser Gesetze. Unter Staats-
angehörigkeit versteht man dasjenige öffentlich-rechtliche Rechts-
verhältnis, kraft dessen eine physische Person einer bestimmten
Staatsgewalt gegenüber bestimmten, gesetzlich festumgrenzten
Rechten dauernd und total unterworfen ist. Dabei ist speziell für
das deutsche Recht hervorzuheben, daß der Begriff der Staatsan-
gehörigkeit mit Rücksicht auf den bundesstaatlichen Charakter des
Deutschen Reichs zweierlei Bedeutung hat: einmal nämlich be-
zeichnet er die Zugehörigkeit zu einem Bundesstaat, und weiter
auch die zum Reiche. Denn da das Deutsche Reich gleichfalls
ein Staatsgebilde ist — wenn auch nicht eine civitas simplex, so
doch eine civitas composita —, so bedeutet die Zugehörigkeit zu
ihm nach Maßgabe der oben gegebenen Definition gleichfalls
Staatsangehörigkeit. Freilich ist die Zugehörigkeit zum Reiche
prinzipiell von einer solchen zu einem deutschen Einzelstaat ab-
hängig und steht mit dieser in einheitlichem, untrennbarem Zu-
sammenhang ?; für jene Ausnalımefälle aber, in denen die Zuge-
hörigkeit zum Reich eine solche zu einem Bundesstaat nicht vor-
aussetzt, hat das neue Gesetz die Bezeichnung „unmittelbare Reichs-
angehörigkeit“ aufgenonmen.
Nur die Entstehung und den Untergang jenes oben näher
geschilderten publizistischen Rechtsverhältnisses zwischen der deut-
schen Staatsgewalt und dem Einzelnen will das hier zu bespre-
chende Gesetz bindend festlegen.
Rein äußerlich unterscheidet sich das neue Gesetz von dem
früheren — abgesehen von dem größeren Umfang — dadurch,
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? Vırl. Larann. Staatsrecht des Deutschen Reiches 1911 Bd. I S. 162.