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haupten, daß das „dienstliche“ Interesse im engsten Sinne den
allgemeinen staatlichen Interessen vorgehe. In Art. 16 des baye-
rischen Beamtengesetzes sind z. B. beide nebeneinander angeführt
und ist das staatliche dem dienstlichen sogar vorangestellt. Sie
werden in Wirklichkeit stets parallel laufen, ein Gegensatz kann
immer nur ein scheinbarer sein.
Auch ist festzustellen, daß das „staatliche und dienstliche“
Interesse nicht stets identisch zu sein braucht mit den von dem
Inhaber eines bestimmten leitenden Amtes oder auch mit der von
der Staatsregierung in concreto verfolgten Politik. Der Begriff
des staatlichen und dienstlichen Interesses im Sinne des Beamten-
gesetzes ist der objektive. Dies folgt notwendig aus dem Um-
stande, daß das Gesetz die Entscheidung darüber, ob der Beamte
durch eine Meinungsäußerung sich eines Dienstvergehens schuldig
gemacht habe, in der Hauptsache und in letzter Linie, dann näm-
lich, wenn es sich um Verhängung einer Disziplinarstrafe handelt,
Gerichten, nämlich den Disziplinargerichten, übertragen hat. Ge-
richte aber haben nach allgemeiner Regel stets nach objektiven
Grundsätzen des Rechtes zu urteilen; sie haben deshalb auch hier
die Frage, ob ein dienstliches Interesse verletzt sei, als Tatfrage
unabhängig zu beurteilen.
Ein weiterer allgemeiner Gesichtspunkt für die Beurteilung
jener Rechtsbeschränkungen ist der folgende. Der Begriff der
Meinungsäußerung ist ein ungemein umfassende. Vom unbe-
lauschten Zwiegespräch zwischen Eheleuten und Freunden bis zur
Streikaufforderung in öffentlicher Volksversammlung ist ein weiter
Weg, auf welchem das kritische Wort die verschiedensten Rechts-
stufen, von der gleichgültigen Aeußerung bis zum Hoch- und
Landesverrat durchlaufen kann. Hier interessiert nur das in-
mitteliegende reine, d. i. nicht strafrechtliche, sondern disziplinar-
rechtliche Dienstvergehen. Person und Adressat, Wahrheitsge-
halt, Ort, Zeit, Gelegenheit, Art und Form und nicht zuletzt die
Absicht der Kundgebung kommen in Betracht, wenn die Aeuße-