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und engeren Sinn kommt nun allgemein noch folgendes in Be-
tracht. Der Staat anerkennt grundsätzlich das öffentliche Kritik-
bedürfnis und hat deshalb selbst in weitem Umfang und mannig-
facher Art Einrichtungen amtlicher Natur zu diesem Zwecke ge-
troffen. Er hat eigene Behörden eingesetzt, deren Pflicht es ist,
an der Tätigkeit anderer Behörden Kritik zu üben. Dazu ge-
hören die Gerichte jeder Art, Zivil-, Straf-, Verwaltungs- und
Disziplinargerichte, die Rechnungskontrollbebörden, die Staatsauf-
sichtsbehörden gegenüber der Selbstverwaltung, der Staatsgerichts-
hof und alle vorgesetzten Behörden gegenüber den untergebenen.
Zudem ist der amtmäßigen Kritik in neuerer Zeit in verschiedenen
Dienstzweigen durch Einrichtung von Fachmännerkollegien bei
den entscheidenden Behörden, durch Zuziehung einzelner Fach-
männer als Berater und vereinzelt auch durch Bildung von Be-
amtenausschüssen für Standesfragen Rechnung getragen worden.
In besonderer Weise übt endlich durch seine formellen Rechte
der Landtag verfassungsmäßige Kritik an der Regierung. Hier
überall wırd in der Form öffentlichen Dienstes-, in Staatsämtern
nur, im Landtag auch durch Beamte an öffentlichen Angelegen-
heiten des Staates Kritik geübt.
Im Programm des Rechtsstaates liegt es nun zwar enthalten,
daß der Staat seine Aufgaben, also auch die Kritik in amtlicher
und dienstlicher Form und in bestimmtem Verfahren vollständig
erfülle.. Vollständig ist das in Wirklichkeit nicht möglich. Der
Dienstweg insbesondere ist nicht überall eröffnet und er erreicht,
wo er eröffnet ist, auch nicht immer sein Ziel.
Daher greift denn auch der Landtag oder greifen doch manche
seiner Mitglieder häufig über das der Volksvertretung durch die
Verfassung formell gesteckte Ziel hinaus und wird hier Kritik an
Gegenständen der Verwaltung geübt, die nicht eigentlich in seinen
Wirkungskreis fallen.
Ein gut Teil des öffentlichen Kritikbedürfnisses wird ferner
stets weder durch die amtliche Kritik, noch durch den Landtag,