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Der wohl von keinem der Schriftsteller bestrittene Ausgangs-
punkt ist folgender. Sofern die übrigen Voraussetzungen eines
strafprozessualen Vorgehens gemäß den Vorschriften der Reichs-
strafprozeßordnung gegeben sind, ist der Erlaß des Haftbefehls bei
Vorhandensein der Voraussetzungen des $ 112 der Strafprozeß-
ordnung zulässig, sind aber reichsrechtlich alle berufenen Behör-
den berechtigt, einen Haftbefehl zu erlassen und auszuführen, ist
ferner jeder auf diese Weise der inländischen Gerichtsbarkeit
Unterworfene reichsrechtlich gezwungen, den Haftbefehl gegen
sich ergehen und vollstrecken zu lassen, so kann wieder nur eine
reichsrechtliche Vorschrift dieses Recht der Behörden und diese
Verpflichtung der Gerichtsunterworfenen aufheben.
Von diesem Ausgangspunkt aus ergibt sich nunmehr aber,
wer die Beweislast bei der Entscheidung dieser Streitfrage hat.
Diejenigen die da behaupten, daß die Immunitätsvorschriften eines
Bundesstaates auch in anderen beachtet werden müßten, müssen
den Nachweis des Vorhandenseins einer reichsrechtlichen Exemp-
toonsvorschrift nachweisen ?. Gelingt dieser Nachweis nicht, so
muß es eben bei der Regel verbleiben.
Als solche reichsrechtliche Vorschriften kämen aber nunmehr
in Betracht
a) eine Analogie aus $ 11 und 12 des StGB.
b) Artikel 3 der RV.
c) $ 6 EGStPO.
Was die ersten beiden Gesichtspunkte betrifft, so habe ich
sie bereits in meinem eingangs erwähnten Aufsatz in der Frank-
fürter Zeitung (3. Morgenblatt vom 5. April 1914) erörtert. Ich
habe darauf hingewiesen, daß, was die Analogie des $ 11 und 12
StGB. betrifft, diese schon um dessentwillen ausgeschlossen ist,
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! Dies um so mehr, als die Immunitätsvorschriften „eine Ausnahme
son der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Rechtspflege schaffen,
die richterliche Gewalt nicht unwesentlich einschränken und demgemäß
einer strengen einschränkenden Auslegung unterliegen“ (MENNER a. 0. O.).