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Nun aber läßt sich doch auch wohl auf der anderen Seite
aus dem Umstand, daß die Reichsgesetzgebung in 3, 5 oder 10
Fällen die exterritoriale Wirkung landesrechtlicher Verhältnisse
angeordnet hat, nicht das Prinzip herleiten, daß sie eine solche
Wirkung als allgemein rechtlichen Gesichtspunkt anerkannt hätte.
In jedem einzelnen der von PILOTY aufgeführten Fälle ließ sich
für diese exterritoriale Wirkung eine spezielle ratio nachweisen,
die nur für das konkrete Rechtsverhältnis paßt, aber nicht ge-
eignet ist, eine ratio für das Prinzip zu geben. So zum Beispiel
bei $ 3 des Freizügigkeitsgesetzes. Hier ist der Gedanke des
Reichsgesetzgebers etwa folgender: Durch den $ 1 dieses Gesetzes
habe ich die deutschen Bundesstaaten gezwungen jeden beliebigen
Angehörigen anderer Bundesstaaten bei sich aufzunehmen. Früher
vor Inkrafttreten des Gesetzes konnten sie sich jedes mißbeliebigen
oder sogar gefährlichen Menschen einfach durch Ausweisung ent-
ledigen. Heute hindert sie daran das Freizügigkeitsgesetz. Wenn
ich daher auf der einen Seite sie in die Zwangslage versetzt habe,
auf ihr Recht der Ausweisung gegenüber anderen Staatsange-
hörigen zu verzichten, so habe ich andererseits auch die Verpflich-
tung, ihnen Mittel zu verleihen, auf Grund deren sie solche un-
sichere Mitbürger wenigstens einigermaßen unschädlich machen
können. Ich gestatte ihnen daber, daß sie diejenigen, die in ihrem
Heimatsstaat Aufenthaltsbeschränkungen unterliegen, solche auch
bei sich unterwerfen. Ohne des $ 3 wäre ja die horrible Konse-
quenz gegeben, daß unsichere und gefährliche Mitbürger, die in
ihrem eigenen Heimatstaat Aufenthaltsbeschränkungen unterliegen,
einfach in einen anderen Bundesstaat übersiedeln könnten, der sie
nunmehr ohne Beschränkung frei in seinem Gebiete sich bewegen
lassen müßte.
Nur um diese Konsequenz auszuschließen, nicht aber aus dem
Gedanken eines allgemeinen Prinzips der Anerkennung öffentlich-
rechtlicher Verhältnisse eines Bundesstaates im anderen ist daher
8 3 geschaffen.