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Es ist anzunehmen, daß das bayerische Polizeirecht sich in
dieser Beziehung von dem in Preußen und in anderen Bundes-
staaten geltenden nicht unterscheidet.
Ein drittes Bedenken endlich besteht bezüglich des gene-
rellen Verbots kinematographischer Vorführungen aus der Pas-
sionsgeschichte. Wenn wir auch hier die entsprechenden Bestim-
mungen des preußischen Rechts heranziehen dürfen, so mag dar-
auf hingewiesen werden, daß Literatur und Rechtsprechung darin
übereinstimmen, daß bei der Beurteilung der Polizeiwidrigkeit
biblischer Theaterstücke oder biblischer Films, also auch kine-
matographischer Darstellungen aus der Passionsgeschichte, keine
anderen Gesichtspunkte maßgebend sein dürfen, als wie sie über-
haupt bei der Theaterzensur bzw. der Filmzensur zulässig sind,
daß also auch die Aufführung biblischer Theaterstücke oder die
Vorführung biblischer Filme gestattet werden muß, wenn nicht
die Gefahr besteht, daß durch die Aufführung die öffentliche
Ruhe, Ordnung und Sicherheit verletzt wird'‘. Es würde deshalb
nach preußischem Recht zweifellos unzulässig sein, durch einen
Ministerialerlaß ein für alle Mal die öffentliche Vorführung kine-
matographischer Darbietungen aus der Passionsgeschichte zu un-
tersagen. Kann auch unter Umständen die Vorführung einer
derartigen Darstellung zu polizeilichen Bedenken Anlaß geben
und infolgedessen im Einzelfalle ein Verbot durchaus rechtfertigen,
so geht es doch zweifellos zu weit, wenn man von der Voraus-
setzung ausgeht, daß derartige Darbietungen unter allen Umstän-
den gegen die polizeilich zu schützenden Interessen verstoßen.
Wenn wir vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit aus zu der
gegenwärtigen Regelung der Filmzensur in Bayern Stellung neh-
men, so muß ich erklären, daß ich sowohl die Behandlung der
Filme aus der Passionsgeschichte, als auch den Mangel einer be-
sonderen Kinderzensur für sehr unzweckmäßig und durch tatsäch-
‘ HeLıwig, „Oeffentliches Kinematographenrecht‘ a. a.0. S. 202.