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Das dargelegte Verhältnis zwischen Gesetz und Ausführungs-
vorschrift ist für unsere Würdigung der einzelnen Aeußerungs-
beschränkungen maßgebend.
Die einzelnen Aeußerungsbeschränkungen werden nach Sinn
und Umfang am richtigsten gewürdigt, wenn sie in ihrem Zu-
sammenbang mit der Dienstpflicht, aus der sie im letzten
Grunde ausnahmslos entspringen, betrachtet werden. Es empfiehlt
sich daher zunächst, zu untersuchen, welche Aeußerungsverbote
in der Dienstpflicht selbt schon unmittelbar enthalten sind.
Das bayerische Beamtengesetz (Art. 11) formuliert dieselbe
ın Uebereinstimmung mit dem badischen und abweichend vom
württembergischen und Reichsbeamten-Gesetz wie folgt:
„Der Beamte hat alle Obliegenheiten des ihm übertragenen
Amtes den Gesetzen, Verordnungen und Dienstvorschriften ent-
sprechend gewissenhaft wahrzunehmen.“
An dieser Vorschrift, die als die zentrale Norm des Pflich-
tensystems anzusehen ist und gerade durch ihre allgemeine Fas-
sung der Auslegung besondere Schwierigkeiten bietet, ist scharf
zu unterscheiden, was sie enthält und was sie nicht enhält. Nur
auf diesem Wege läßt sich ermitteln, welche Bedeutung ihr für
das Recht des Beamten zur Kritik zukommt.
Der Inhalt dieser Norm ist offenbar zunächst und haupt-
sächlich ein Gebot und kein Verbot. Wie das wesentliche Ele-
ment des Staates selbst die Pflicht zur Tat ist, so sind alle seine
Aemter Arbeitsstellen. Auf der Dienstpflicht beruht die ganze
positive Arbeit, welche der Beamte im Interesse des Staates zu
leisten hat. Die Norm des Art. 11 ist aber insofern unvollständig,
als sie nur das formale Dienstgebot enthält, den Inhalt des Dien-
stes aber, die Geschäfte selbst, nicht bestimmt. Art. 11 ver-
pflichtet den Beamten, „alle Obliegenheiten*, d. i. den ganzen
jeweiligen Inhalt des ihm jeweils „übertragenen Amtes“ oder der
seiner Person jeweils aufgetragenen Geschäfte seiner Stelle voll-
ständig zu leisten. Art. 11 bestimmt aber selbst weder. den In-
Archiv des Öffentlichen Rechts. XXXILI. 1/3. 2