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den hat. Im positiven Teil unterstützt ihn die Vorschrift, sie
sagt ihm erschöpfend das „Was“. Im negativen aber ist er auf
sein Gewissen angewiesen. Er muß es selbstprüfend wissen, was
er zu lassen hat. So ist die Treupflicht die Kehrseite der Dienst-
pflicht, mit ihr unlöslich verbunden ; sie sagt dem Beamten das
„Was nicht“. Der Inhalt ergibt sich unmittelbar als Reflex der
positiven Pflichten und läßt sich dahin formulieren: „Der Be-
amte hat im Amte und in bezug auf das Amt, also auch außer
Amt alles zu lassen, was ihm entweder ausdrücklich verboten ist
oder sein Amt schädigen würde“ ?. Darin liegt auch ein Gebot
der Zurückhaltung in Aeußerungen, welche Bezug auf das inne-
gehabte Amt haben. Wer sein eigenes Amt etwa durch öffent-
liche Urteile darüber diskreditierte, der handelte den Interessen
desselben entgegen, erfüllte seine Obliegenheiten nicht gewissen-
haft und verletzte deshalb seine Dienstpflicht.
Man kann sein Amt auch mittelbar schädigen, sei es durch
Kritik am ganzen Dienstzweig, an Gesetzen, Verordnungen, Vor-
schriften, welche das innegehabte Amt nicht ausschließlich, son-
dern in seinem Zusammenhang mit dem Ganzen treffen; auch
durch Kritik an allgemeinen Einrichtungen und Zuständen des
Staats oder an Personen kann dasselbe geschehen.
Hier ist nun der Punkt, an welchem die Rechtsgrenze des
Erlaubten und des Verbotenen deutlich wird. Kritik ist dem Be-
amten erlaubt am Allgemeinen wie am Besonderen, an Sachen
und Personen, an Staat und Aemtern, auch am eigenen Amte,
aber nur bis zu der Grenze, daß dadurch das
innegehabte Amt weder unmittelbar noch mit-
telbarzuSchaden kommt.
Ob solche Schädigung vorliege oder nicht, darüiber haben als
über eine Tatfrage von Dienstvergehen im Ordnungsstrafverfahren
die Behörden der Dienstaufsicht, im Disziplinarverfahren die Dis-
T Vgl. meinen Artikel: „Das Recht der Meinungsäußerung® in der „All-
gemeinen Zeitung“ vom 15. August 1908 S. 413.
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