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spiele für solche Eingriffe in kantonale Kompetenzen sind der Abschluß
von Staatsverträgen durch die Bundesorgane über Gegenstände, die den
kantonalen Recht vorbehalten sind, und weitergehend sogar der Erlaß von
Bundesgesetzen über solche Materien; ferner die Anmaßung von verwal-
tungspolizeilichen Kompetenzen, welche in ganz unerlaubter Weise anf
Verfassungsbestimmungen gegründet werden, die den Bund zur Zivilrechts-
gesetzgebung ermächtigen. von FRiscH rügt mit besonderer Schärfe die
Praxis des Bundesrates, Textänderungen an bereits fertiggestellten Gesetzen
vorzunehmen, obne besondere Ermächtigung dazu von der Bundesversamm-
lung erhalten zu haben. Ferner wendet er sich mit Recht gegen die von
BURCKHARDT und anderen vertretene und der Bundesverfassung wider-
sprechende Ansicht, daß der Bundesrat berechtigt sei, Staatsverträge ab-
zuschließen, welche Kompetenz ganz unzweifelhaft der Bundesversammlung
ukommt, welcher auch allein die authentische Interpretation derselben
zukommt. Eine dritte Art von Kompetenzüberschreitung seitens des Bundes-
rates besteht darin, Gegenstände, die besonderer Behandlung durch die
Bundesversammlung vorbehalten sind, im Voranschlag zu verbergen und
sie so einer eingehenden und separaten Beratung zu entziehen, wogegen
sich die eidgenössischen Räte schon oft gewehrt haben.
In dem Kapitel über die Nichtbeachtung von Verfassungsbestimmungen
durch Publikum und Behörden bringt von FeıscH zwar nichts Neues, aber
er ist durchaus im Recht, wenn er die Haltung des Bundesrates in der
Frage betreffend das Verbot der Spielbanken eine schwächliche nennt und
die neuesten Vorschläge zur Einschränkung des Spiels als eine „Umgehung“
der Verfassung bezeichnet.
Unter dem Titel „Fortbildung des Bundesverfassungsrechts* gibt der
Verf. eine kurze, unvollständige Uebersicht betreffend die in der Schweiz
vertretenen Theorien vom Budgetrecht, mit welchen er nicht einig geht.
Eine formell juristische Rechtfertigung der im Bunde bestehenden Budget-
praxis sei nicht zu geben. Es sei gleichgültig, welche der beiden in der
Bundesverfassung genannten Formen für gesetzgeberische Erlasse ange-
wendet werden solle für das Budget, da ein Unterschied zwischen Gesetz
und Bundesbeschluß nicht bestehe, für welche Behauptung von FRıscH
allerdings den Beweis schuldig bleibt. Eine weitere Verfassungsänderung
ohne Abiünderung der Verfassung selbst besteht darin. daß schon seit langer
Zeit, anstatt wie in der Bundesverfassung vorgesehen, eine Session der
eidgenössischen Räte, deren zwei abgehalten werden. In den kurzen Be-
merkungen über Art. 103 der Bundesverfassung betreffend die Verteilung
der Geschäfte unter die einzelnen bundesrätlichen Departements bringt
der Verf. nichts Neues. Uebrigens hat die neueste Gesetzgebung diese
Materie jetzt klargestellt.
Zum Schlusse wird auf eine juristische Unmöglichkeit hingewiesen.
welche die Unfähigkeit der Bundesbehörden, auf die Kantone in gewissen