Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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Bundesamt so viel zu, daß die bloße Abstempelung eines Menschen als gei- 
steskrank oder geistesschwach es nicht erübrigt, den Ausschluß der freien 
Selbstbestimmung bei der Wahl des Aufenthaltsortes zu beweisen, er ver- 
langt aber, daß der Psychiater beigezogen werden muß, um den Beweis 
zu erbringen aus der näheren Darlegung der Geistesbeschaffenheit des 
Geisteskranken, und zwar im Hinblick auf eine psychische Leistung von 
der Art der Aufenthaltswahl, daß die freie Willensbestimmung gerade be- 
züglich dieser Wahl ausgeschlossen ist. Ausschluß der freien Willensbe- 
stimmung ist nicht gleichbedeutend mit völliger Willenslosigkeit, die Wil- 
lensbestimmung ist unfrei schon dann, wenn sie wesentlich unter krank- 
haften psychischen Bedingungen steht; hiezu genügt der Nachweis, daß 
die zu einer vital und rechtlich so folgenreichen Entscheidung, wie es die 
Wahl des Aufenthaltsortes ist, mitwirkenden geistigen Funktionen wesent- 
lich gestört sind (Generalbeweis). Läßt sich darüber hinaus noch der Spe- 
zialbeweis führen, daß konkrete krankhafte Faktoren speziell die Aufent- 
haltswahl bestimmt haben, so ist das von Wert, aber kein unbedingtes 
Erfordernis. Urteile von Laien über geistige Zustände sind zurückzuweisen. 
Als Grundlage für Entscheidungen ist die unmittelbare Definition von freier 
Selbstbestimmung als einer Selbstbestimmung, die wesentlich vom Einfluß 
krankhafter psychischer Bedingungen frei ist, zu wählen. 
Die kleine Schrift, welche ein Gebiet untersucht, das bisher noch keine 
eindringende Prüfung gefunden hat, trägt dem zweck- und zeitgemäßen 
Bestreben, das schon auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechts erfolgreich 
gewesen ist, Rechnung: einer Annäherung zwischen den Juristen und Psy- 
chiatern in Fragen abnormer Geisteszustände, und wird trotz mancher 
Schärfen in der Beweisführung zur Klärung der viel umstrittenen Fragen 
beitragen können. Rupprecht. 
Dr. Robert Coester, Verwaltung und Demokratie in den 
Staaten von Nordamerika. (Verlag Duncker u. Humblot, 
München-Leipzig 1913.) 
Der Deutsche hat sich daran gewöhnt, die Vereinigten Staaten von 
Nordamerika als das klassische Land der Freiheit, die den Einwanderer 
schon bei seiner Landung im Hafen von New-York mit ihrer gewaltigen 
ehernen Personifikation begrüßt, anzusehen, in dem keiner Fähigkeit, keinem 
Ehrgeiz, keinem Streben starke Fesseln des Rechts oder der Sitte oder der 
Tradition aufgezwungen sind; wo im freien Spiel der Kräfte jeder die Mög- 
lichkeit in sich trägt, zu Macht und Reichtum zu gelangen; wo nur ge- 
schützt wird, was Geld einbringt oder besitzt, ohne daß viel darnach ge- 
fragt wird, welcher Art der Erwerb irt. 
Der Aufbau eines Staates, der jeder historischen Tradition entbehrt. 
der seine staatlichen Grundgesetze einer auf der Volkssouveränität beru-
	        
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