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bereich erstreckt sich gegenüber allen, nicht nur den europäischen Staaten.
Mit Recht erkennt R. in der dauernden Neutralisation keine Aufhebung
der Souveränität, sondern nur eine Beschränkung in der Ausübung der-
selben.
Mit der Neutralisation ist regelmäßig ein Garantievertrag verbunden.
Erst dadurch wird die Neutralisation vollkommen. R. meint, man komme
zu dieser Anschauung, weil sich sonst der neutralisierte Staat Beschrän-
kungen auferlege, ohne einen Vorteil von seiten der anderen Staaten zu
erlangen. Richtiger wäre wohl, hervorzuheben, daß eine Neutralisierung
ohne eine Garantie regelmäßig nur eine geringere Bedeutung haben kann.
Der Garantievertrag wird im Gegensatze zu dem Neutralisationsvertrage
auch unter den Garanten abgeschlossen. Die Garantierung der Neutrali-
sation schließt die Garantie der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit in
sich ; letztere aber ist nicht identisch mit ihr. In der Garantie der Neu-
tralität Norwegens von 1907 kann also keine Neutralisation erblickt werden.
Es gibt nach R. nur zwei Arten dauernder Neutralität, die der verteidi-
gungsfühigen und der nicht verteidigungsfähigen Staaten. In dem einen
Falle wird ihnen ein Heer zur eigenen Verteidigung belassen, in dem andern
Falle (z. B. bei Luxemburg) nicht. Die Zwecke der Neutralisation lassen
sich nicht unter einen Begriff bringen.
Es werden dann die einzelnen Neutralisationen erörtert. Ein Versuch,
Malta im Frieden zu Amiens 1802 zu neutralisieren, war ohne praktische
Folgen, da England Malta nicht räumen wollte. Auch die Neutralisierung
Krakaus im Jahre 1815 nahm 1846 durch die Einverleibung Krakaus von
seiten Oesterreichs ein Ende. Diesen beiden ersten Neutralisationen war
gemeinsam, daß sie mit einem Protektorate verbunden waren, was die
neutralisierten Staaten lebensunfähig machte. R. bespricht sodann die
Neutralisierung der Schweiz, besonders von historischen Standpunkt aus
und kommt dabei auch auf die Befestigung von Hüningen und das Problem
der Staatsservituten zu sprechen. Er verneint die Frage, ob das Befesti-
gungsverbot von Hüningen auch Deutschland binde. Was die Neutralisie-
rung Belgiens betrifit, so lassen sich darauf bezügliche Projekte bis auf
die Zeit Richelieus verfolgen. Im 18. Jahrbundert war besonders das sog-
Barrieresystem aufgekommen, d. h. die an der französischen Grenze ge-
legenen Festungen Belgiens wurden durch holländische Truppen besetzt,
um Frankreich an der Eroberung zu hindern. Bei der Neutralisierung
Luxemburgs ist besonders interessant, daß Belgien als neutraler Staat keine
Garantie übernehmen konnte. Im Anschlusse an die Darstellung der Neu-
tralisierung des Kongobeckens geht R. auf die Aenderungen ein, die durch
die Annexion des Kongobeckens von seiten Belgiens entstanden sind. Man
kann R. nur zustimmen, wenn er sagt, die Neutralisation Belgiens sei be-
stehen geblieben, da es sein Stammgebiet nicht verändert, sondern nur
eine Kolonie erworben habe; dasselbe sei auch mit der Neutralisation