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Dr. Cuno Hofer, Der Schadenersatz im Landkriegsrecht
(Bd. XII, Heft 1 der „Abhandlungen aus dem Staats-, Verwaltungs-
und Völkerrecht). XI und 91 S. Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul Sie-
beck), 1913.
H. geht davon aus, daß auf der ersten Haager Friedenskonferenz ver-
schiedene Ansichten über die rechtliche Verbindlichkeit der Bestimmungen
der Landkriegskonvention hervortraten. Der Engländer ARDAGH wollte die
Regeln des Landkriegsrechts nur als Basis ansehen, nach der man den
Truppen Verhaltungsmaßregeln geben sollte; nach der richtigen, später
auch angenommenen Ansicht verpflichtete die Annahme der Regeln die
Staaten auch zur Einhaltung derselben. Ein weiterer Schritt wurde auf
der zweiten Haager Konferenz unternommen, indem man eine Schadens-
ersatzpflicht für die Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges
einführte. H. betrachtet diese Schadensersatzpflicht zunächst ausschließ-
lich unter dem Gesichtspunkte einer Sanktion. Mir scheint, daß dem
Artikel noch ein weiterer Zweck zugrunde liegt: Im Kriege kann nun ein-
mal nicht so leicht jeder Völkerrechtssatz in gleicher Weise wie im Frieden
gehalten werden; darunter aber sollen die Privatpersonen nicht zu leiden
haben, und deswegen hat man eine Schadensersatzpflicht festgesetzt. Daher
ist es wohl nicht überzeugend, wenn H. den Artikel lediglich aus dem
Gesichtspunkte heraus bekämpft, daß eine andere Sanktion im Völkerrecht
als die bereits vorhandene unnötig sei. Die Vorgänge im Balkankriege,
insbesondere ‘der Bericht der Carnegiekommission, beweisen, daß der Ge-
danke einer Sanktion der kriegsrechtlichen Regeln gar nicht so töricht ist.
Man verlangt sogar heute noch weitergehende Bestimmungen und die Inter-
parlamentarische Union wollte sich ursprünglich auf ihrer Stockhulmer
Tagung mit diesem Probleme befassen.
H. geht sodann dazu über, den Artikel 3 des Landkriegsabkommens
über die Schadensersatzpflicht in höchst gründlicher Weise zu interpretieren.
Der Artikel lautet: „Die Kriegspartei, welche die Bestimmungen der be-
zeichneten Ordnung verletzen sollte, ist gegebenenfalls zum Schadenser-
satze verpflichtet. Sie ist für alle Handlungen verantwortlich, die von den
zu ihrer bewaffneten Macht gehörenden Personen begangen werden.“ H.
beweist nun zunächst aus der Entstehungsgeschichte des Artikels, nament-
lich aus dem Umstande, daß man keine Konventionalstrafe festgesetzt hat,
daß eine Schadensersatzpflicht nur bei Verletzung subjektiver Rechte und
vermögensrechtlicher Interessen, nicht aber bei Verletzung von Ehren-
rechten, Familienrechten und anderen persönlichen Rechten besteht. Es
fragt sich ferner, ob auch Angehörige der bewaffneten Macht vom Feinde
für Rechtsverletzungen Schadensersatz verlangen können. Hierbei muß auf
die Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden, das Privateigentum eines
jeden Kämpfenden von allen Gegenständen zu unterscheiden, die zu seiner
Ausrüstung gehören und daher der Wegnahme ohne Entschädigung unter-