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ist) überspannend, eine Verantwortlichkeit des Etat-legislateur proklamiert ®
so kommt er damit — wie schon in seinen früheren Schriften — der An-
erkennung eines Naturrechtes bedenklich nahe. Ganz unverhüllt kommt
dieses aber zum Ausdruck, wenn der Verfasser (S. 65), um seine Theorie
zu stützen, daß der Staat nicht mehr die „puissance* sei, „qui commande
lihrement“, den Satz an die Spitze stellt, daß die einzelnen von der Staats-
gewalt fordern könnten, die öffentlichen Dienste zu organisieren und
von einer r&gle de droit spricht, „imposant aux gouvernants une obli-
gation de service publique*.
Ist das II. Kapitel des Dusu1ıTschen Werkes den „services publics* im
allgemeinen gewidmet, so bringen die folgenden für die in ihm aufgestell-
ten Thesen, besonders dem Lehrsatz, daß das Gesetz meist nur dasjenige
eines Öffentlichen Dienstes, und daß ein Verwaltungsakt nur eine konkrete
im Interesse des öffentlichen Dienstes erfolgte Individualhandlung sei, den
eingehenden und durch Entscheidungen des französischen conseil d’Etat ’?
gestützten Versuch einer Begründung.
Und zwar behandelt der Verfasser zunächst im Kapitel III das Gesetz.
Wenn er dieses als Willensäußerung nicht des Staates, sondern lediglich
der Personen, die es beschließen, definiert, so sagt er damit nichts
dem Kenner seiner rein „realen“ Theorien Neues. Und es ist dabei von
seinem Standpunkt aus durchaus folgerichtig, wenn er keinen Unterschied
anzuerkennen vermag zwischen dem, was die herrschende Lehre als for-
melles Gesetz bezeichnet und sonstigen Rechtssätzen, mögen sie nun von
einer Verwaltungsbehörde, von Körperschaften des öffentlichen oder Pri-
vatrechts ausgehen oder gar Satzungen einer Mehrheit von Privatpersonen
sein. All das ist ihm logischerweise Gesetz, wobei er (S. 77) die verbind-
liche Kraft nicht aus einem Befehl im eigentlichen Sinn, sondern daraus
herleitet, qu’elle formule une regle de droit qui est elle-möme obligatoire
°S. 60: „Si... pour une raison quelconque le gouvernement n'inter-
venait pas quand il est d’evidence qu’il doit intervenir parce qu’il s'agit
dune activite dont l’inaccomplissement, m&me partiel ou momentane, cause
un trouble profond dans le pays, les particuliers ne seraient point desar-
res.... L’abstention de l’Etat engage sa responsabilite envers les parti-
euliers leses et cela alors mäme que que est l’Etat l&Egisla-
teurqui sabstient.“
’ Das muß überhaupt nachdrücklichst betont werden: Wenn auch
die Ausführungen Dusurts als der Staatsrechtslehre ange-
hörend, eine über die blau-weiß-rotenGrenzpfähle hinaus-
tragende Bedeutung haben. so liegen doch seinen gesamten
Ausführungen (im Gegensatz zu denen in seinem traite de
droit constitutionnel Band), französische Verhältnisse zu-
grunde.