Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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entant que rögle sociale! Diese Art von „Gesetzen“ hat D. be- 
reits früher ? als „lois normatives“ bezeichnet, denen er die von ihm soge- 
nannten „lois constructives“ gegenüberstellt.e. Hat er unter der „loi nor- 
mative* verstanden „une discipline de fait que l'interdependance sociale 
impose & tous les membres du groupe* so ist die „loi vonstructive* die 
Sanktion, die der Gesetzgeber der „loi normative“ verleiht. Alle Gesetze, 
die öffentliche Dienste einrichteten, seien daher „lois constructives*. Irgend 
eine praktische Folge leitet Ducusıt jedoch aus dieser Unterscheidung 
nicht ab (er selbst ist sogar (S. 81) bereit, auf den Begriff der „loi nor- 
mative* zu verzichten), die aber gleichwohl hier nicht unerwähnt bleiben 
durfte, schon um dessentwillen nicht, weil es notwendig erschien, das 
Hereintragen supra- oder besser: extra-juristischer Begriffe auf das Öffent- 
liche Recht (denn etwas anderes ist die Proklamierung der „loi norma- 
tive* mit ihrer oben wiedergegebenen Begriffsbestimmung nicht) deutlich 
hervortreten zu lassen. — Die von ihm betonte Feststellung, daß auch 
dem Staate eingegliederte Wesen Normen setzen dürften, die für sie bin- 
dende Kraft hätten, führt DucvırT dazu, de lege ferenda zu verlangen, daß 
auch Gesetze im, wie wir sagen, formellen Sinne im Verwaltungs 
streitverfahren angefochten werden können, eine Forderung, die als anar- 
chistisch bezeichnet werden muß, und die erinnert an die s. Zt. in Bd. I 
seiner Traite de droit constitutionnel wenn auch mit einiger Vorsicht auf- 
gestellte Behauptung, nur dann müsse man einem Gesetze gehorchen, wenn 
dieses der (dort näher umschriebenen) regle de droit conform sei. Zu- 
nächst will DUGUIT freilich nur in einem Falle die von ihm (S. 91) ge- 
nerell ausgesprochene Folgerung gezogen wissen: nämlich dann, wenn die 
Legislative ein Gesetz beschließt, das der Konstitution zuwiderlaufe. Und 
hier sollte man denn — auch wenn man theoretische Bedenken haben 
mag — in der Tat nicht davor zurückscheuen, den ordentlichen Gerichten 
oder Sondergerichten, die, im Gegensatz zu den Parteischwankungen und 
Zufälligkeiten unterworfenen Parlamenten, größere Objektivität gewähr- 
leisten, das Recht selbst zur Annullierung erlassener, aber mit der Kon- 
stitution im Widerspruch stehender Gesetze zuzuerkennen, wie denn 
heute schon mit Recht die Prüfung der Rechtsgültigkeit und der Einwand 
mangelnder Verfassungsmäßigkeit von Theorie und Praxis mehr und mehr 
anerkannt wird. Nur so viel über die Kapitel III und IV, die von den Ge- 
setzen handeln, daneben aber auch die neueste, aber nicht befriedigendere 
Definition enthalten, die Dusvıt vom Staate formuliert: Denn war ihm 
dieser bisher eine Beziehung zwischen Herrschenden und Beherrschten — 
eine Begriffsbestimmung, die der Verfasser, soviel ich sehe, nirgends auf- 
gegeben hat, so ist ihm der Staat im Sinne seines neuesten Buches zu 
® L’Etat, le droit objectit et la loi positive 1901, S. 551 fl.
	        
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