Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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daher, wie allgemein zugestanden wird, auch weiterhin Recht zu 
sprechen, und zwar durch die alten Gerichte, soweit die richter- 
liche Aufgabe nicht an die Kriegsgerichte des Besetzungsheeres 
oder an andere vom Besetzenden bestellte Gerichte übergegangen 
ist, die dann auch im Namen des Kriegsherrn Recht sprechen. 
Die alten Richter amtieren weiter; sie können aber, wie alle Be- 
amten, ihr Amt aufgeben und vom Besetzenden entlassen werden. 
Doch nur ein Notstand berechtigt den Besetzenden zu Aenderungen 
in der Gerichtsverfassung und zur Absetzung der Richter °, Ohne 
Not hier einzugreifen entspricht übrigens auch weder dem Inter- 
esse des Besetzenden noch dem der Bevölkerung. 
Im dehtsch-französischen Krieg 1870/71 bestanden bezüglich 
der Urteilsformel Unklarheiten und ergaben sich durch die fran- 
zösische Verfassungsänderung weitere Schwierigkeiten. Als die 
Deutschen die anfängliebe Forderung, daß „im Namen der hohen 
verbündeten deutschen Mächte“ Recht gesprochen werden solle, 
als unbegründet fallen gelassen hatten, stand man vor der 
weiteren Frage, in wessen Namen Recht zu sprechen sei, als 
Frankreich eine Republik geworden, diese aber von Deutsch- 
land noch nicht anerkannt war. Deutschland wünschte die alte 
Formel „Im Namen des Kaisers Napoleon“; einige Gerichte 
erklärten sich darauf aber nur bereit, Recht zu sprechen: „au 
nom du Peuple Frangais* oder auch „au nom du Gouvernement 
Frangais*. 
Die spätere deutsche Anregung, für die Uebergangszeit die 
Urteilsformel ganz wegzulassen oder, wie schon BLUNTSCHLI 
für solche Fälle vorgeschlagen hatte, die Formel „im Namen des 
Gesetzes“ zu gebrauchen — nur einige Gerichte entsprachen dieser 
»2 Das ergibt sich aus Art.43. Vgl.auch VELJKOWITCH und v. MARTENS 
in den Protokollen der 1. Haager Friedenskonferenz III. 129. Die entgegen- 
gesetzte Bestimmung der amerikanischen Kriegsartikel ist die Folge der 
oben 8. 362 ?* bekiimpften Zuständigkeitsauffassung auf dem Gebiet der 
Gesetzgebung. 
58 Völkerrecht $ 47, Anm. 2.
	        
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