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Artikel eine im voraus erteilte Ermächtigung, und der holländische
Bevollmächtigte VAN KARNEBEEK wenigstens eine Art Ein-
ladung von seiten des unterlegenen Staates zum Eintritt in den
feindlichen Staatsdienst; und beide setzten es zum Schaden der
Klarheit durch, daß deshalb der Artikel gestrichen wurde. Der
österreichische Bevollmächtigte LAMMASCH wollte die Bedenken
durch einen Zusatz beseitigen, der für den einzelnen Fall die Zu-
stimmung des unterlegenen Staates vorsah, doch BEERNAERT be-
tonte, daß dann der Artikel überhaupt keinen Wert habe. Um-
‚gekehrt aber hielt es ROLIN unter Umständen für nicht im In-
teresse der Bevölkerung gelegen, daß die Beamten nur auf Grund
ausdrücklicher Ermächtigung ihrer Regierung im Amt verbleiben
dürfen.
Die Streichung des Art. 4 und das Schweigen der Landkriegs-
ordnung hat an der bisherigen Rechtslage nichts geändert.
Ob also die Beamten dem neuen Herrscher weiterdienen
wollen, haben nur diese zu entscheiden. Im Interesse der Bevöl-
kerung ist das Weiterdienen einer ganzen Anzahl von Beamten
sicher gelegen. Es hängt das eben von der Art des Amtes und
weiter auch natürlich vom Auftreten des Besetzenden ab. Vor
allem ist es für die Einwohner vorteilhaft, wenn die Gemeinde-
beamten im Dienst bleiben. Denn die Beziehungen der Gemeinde
zum Feind werden in einer für die Gesamtheit förderlichen Weise
doch wohl am besten durch die eigenen Vertrauensorgane unter-
halten. Daß der Bürgermeister Max von Brüssel im Amt blieb
und in der Hauptsache der verständnisvolle Vermittler zwischen
der Besatzung und der Bevölkerung war, kam den Belgiern sehr
zu statten. Nach einiger Zeit mußte er allerdings wegen dienst-
widrigen Verhaltens suspendiert und in custodia honesta später in
Kriegsgefangenschaft abgeführt werden, worauf das Schöffenkol-
legium die Geschäfte weiterführte.
Ob der neue Herrscher die alten Beamten noch brauchen
kann und beschäftigen will, unterliegt allein seiner Würdigung.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXIII. 3/4. 25