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das Projekt aber bejaht, also in dieser Richtung mit dem Manuel
zusammentrifft.
Die Frage ist jetzt durch die Landkriegsordnung entschieden,
indem der Art. 53 Abs. 1 das rollende Staatsbahnmaterial als
„Beförderungsmittel“ ganz wie Staatskassen, Waffendepots und
sonstige Kriegsvorräte behandelt. Die leicht und einmütig zustande
gekommene ” Fassung ist freilich wenig glücklich. Das Recht
des Besetzenden ist hier wie schon in der Brüsseler Deklaration
Art. 6 mit „saisir“ bezeichnet, was amtlich als „mit Beschlag
belegen“ übersetzt wurde. Man war und ist aber darüber einig,
daß dies hier eine Aneignung ohne Rückerstattungspflicht bedeutet.
Der Art. 53 begründet nicht etwa bloß die Möglichkeit, das
staatliche Mobiliarvermögen durch eine Beschlagnahme der Ver-
fügung des alten Eigentümers zu entziehen, sondern der Beset-
zende hat eigene volle Verfügungsgewalt °'; er hat die Einnahmen
aus dem Betrieb, kann es mitnehmen und zerstören ” und hat für
nichts aufzukommen. Die Beschlagnahme ist Aneignung.
Die Landkriegsordnung unterscheidet scharf zwischen dem
unbeweglichen und dem beweglichen Staatsgut. Ueber das erste
handelt der Art. 55, über das zweite der Art. 53. Die getrennte
Rechtsbehandlung und unterschiedliche Lage ist positivrechtlich
und maßgebend — auch bei den Staatsbahnen.
Was das staatliche Eisenbahnmaterial insbesondere anbelangt,
so hatte zwar die Schweiz auf der ersten Haager Friedenskonferenz
die mildere Auffassung vertreten, indem ÖDIER folgenden Ab-
satz beantragte:
„Le materiel des chemins de fer appartenant A l’Etat sera ögalement
restitu6 & la conclusion de la paix.“
Die Begründung war die übliche Humanitätserwägung: nach
——
» Kommissionsbericht I. 611.
»! Das erkennt auch ALBERT ZORN an (S. 257).
»2 Der Art. 53 ist lex specialis gegenüber Art. 233g. A. M. ALBERT
ZORN, S. 269.