Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 33. Band. (33)

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uneigentliche Strafen nennen '°, wenn man sich nur der Tatsache 
bewußt bleibt, daß die Strafkontributionen die nicht strafrecht- 
liche Wiedervergeltung gegen feindselige Handlungen von einzelnen 
sind. 
Die Haager Konferenz war weiter der einmütigen Ansicht, 
daß die Maßregelung einer ganzen Bevölkerung nur bei solchen 
Handlungen erfolgen dürfe, welche in der Tat auch die Gesamt- 
heit begangen habe, oder für die sie dadurch verantwortlich sei, 
daß sie die Handlung begehen ließ. Rechtsgrund des Vorgehens 
gegen eine ganze Bevölkerung, so sagte man sich, kann nur die 
wenigstens passive Verantwortlichkeit der Ge- 
samtheit sein'*®., | 
Das wurde deshalb im Art. 50 nicht bloß für die Strafkontri- 
butionen, sondern auch für die Strafen aller Arten ausgesprochen: 
„Keine Strafe in Geld oder anderer Art darf über eine 
ganze Bevölkerung wegen der Handlungen einzelner verhängt 
werden, für welche die Bevölkerung nicht als verantwortlich an- 
gesehen werden kann“ '®, 
Das bedeutet eine bewußte Absage von der an ältere und 
neuere landesrechtliche Bestimmungen '° anknüpfenden und auch 
noch im deutsch-französischen Krieg von 1870 mit bestem Erfolg 
getibten Praxis?*, welche die Gemeinden für die in ihr begangenen 
offenen Gewalttätigkeiten ohne weiteres verantwortlich machte. 
Men wird die von der Haager Konferenz beschlossene Hu- 
manisierung grundsätzlich billigen und nichtsdestoweniger zugeben 
können, daß der Grundsatz der rein persönlichen Verantwortung 
157 BOURGEOIS redete von einer „p6nalite vexatoire* III. 138. 
158 Kommissionsbericht I 61. 
159 Der Kommissionsbericht (I. 61) sagt: „pour toute peine, pecuniaire 
ou non, que l’on pretend infliger & l’ensemble de la population.“ 
160 Außer der französischen Gesetzgebung auch deutsche Gesetze aus 
dem Jahr 1850 (Preußen, Bayern, Braunschweig). Vgl. E. LOoENING, 
S. 88 f., 85. 
ı0ı A, a. 0. S. 83 ff., 108.
	        
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