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noch in der ursprünglichen, auf den territorialen Verband bezüg-
lichen Sinn gebraucht ist, spricht nicht nur der Umstand, daß
damals noch in einer ganzen Reihe von Staaten das Staatsgebiet
der Ausgangspunkt war, sondern vor allem, daß hier „für ganz
Deutschland“ ein gemeinsames Indigenat geschaffen ist —
nachdem im unmittelbar voraufgehenden Artikel 2 RV. das Recht
der Gesetzgebung innerhalb des in Art. 1 umschrie-
benen Bundesgebietes dem Reich vorbehalten wurde.
Art. 3 RV. hat danach denn auch zunächst nur die Bedeutung
eines innerhalb des Bundesgebietes überall ver-
bindlichen Gesetzes, so daß im Hinblick auf Art. 2 RV.
die zweite Satzhälfte in Absatz 2 überflüssig erscheint. Erst
durch den Untersatz: „mit der Wirkung, daß...“ wird auf das
persönliche Staatsangehörigkeitsverhältnis übergeleitet, und dieses
tritt jetzt so in den Vordergrund, daß im letzten Absatz sogar
gegenüber dem Reich ein staatsbürgerliches Recht „aller Deut-
schen“ auf Schutz gegenüber den Ausland anerkannt wird”.
Nur so konnte die Reichsverfassung trotz der Haftung am
Territorium an der altüberlieferten Scheidung der alleinberechtigten
Gemeinschaft der „ Einheimischen“ im Gegensatz zu den „Fremden“ "*
anknüpfen, die nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern
germanischen Rechts einzig bewußt durchgeführt war. Man stufte
nur nach den verschiedenen öffentlichen Verbänden ab, ohne daß
man hierbei scharf zwischen staatlicher und bloß kommunaler
Sonderung geschieden hätte '*. Einheimischer ist also, wer einem
12 An dieser vom Territorialprinzip beeinflußten Indigenatsgesetzgebung
bleibt aber auch das StAGes. von 1870 haften, und selbst das Gesetz vom
22. 7. 1913 knüpft noch immer an die Niederlassung im Inland an, $$ 7
und 8, während glücklicherweise der Verlust durch l10jährige Entfernung
aus dem Reichsgebiet jetzt beseitigt ist. — Darüber, daß das um alle
Reichsangehörige durch das gemeinsame Indigenat geknüpfte Band ein
Loch hat, was mit dieser eigenartig unklaren Regelung zusammenhängt,
vgl. v. Frisch, Das Fremdenrecht 1910, S. 128 ff.
8 Vgl. die Zitate bei GIERKE, Deutsches Privatrecht I S. 444, Note 5.
14 GIERKE 2.2. 0. S. 443; STOBBE, Deutsches Privatrecht 3. Aufl. 1893 I