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REHM ist nun der Ansicht, wenn das ALR. nach Uebernahme
eines Amts, Grundstückserwerb oder Betrieb eines Gewerbes die
Auswanderungsfreiheit versage, so liege offensichtlich der Gedanke
zugrunde, daß hier die Eigenschaft als „Fremder“ aufgehört habe,
daß daher jeder dieser drei Umstände in Verbindung mit bloßem
Aufenthalt die „wirkliche Niederlassung“ im Sinne des $ 132 aus-
mache. Er will deshalb auch bei dem Vorliegen dieser drei Um-
stände die zehnjährige Auswanderungsfrist zubilligen, so daß also
die „Staatsangehörigkeit erst nach Ablauf dieser 10 Jahre ent-
stünde“. Es läge demnach eine Kombination zweier der von ihm
als Erwerbsgründe der Staatsangehörigkeit bezeichneten Tatbestände
vor, nämlich einmal Domizilierung, wozu dann noch Zeitablauf
käme. Demgegenüber sind MEJER ° und BORNHAK ° der Ansicht,
die in $ 132 bezeichneten „Ausländer“ müßten bereits als echte
preußische Untertanen angesehen werden, für die hier nur ein
Sonderrecht statuiert werde.
Die Frage löst sich zwanglos, wenn man berücksichtigt, daß
das ALR. das Recht einer Uebergangsperiode darstellt. Wie bei
FISCHER steht das dingliche Abhängigkeitsverhältnis, vermöge
dessen die „inländische Geburt“ ohne weiteres die Untertanschaft
begründet ®, und die ständische Eingliederung im Vordergrund.
Daneben kommt aber bereits das persönliche Verhältnis zwischen
Einwohner und Staat zum Ausdruck, so in der Anerkennung
fremder Untertanen. Soweit sie als solche anerkannt sind, sucht
sich der Staat ihre Anwesenheit nach Möglichkeit dienstbar zu
machen, indem er ıhnen die Rechte der Landesuntertanen in man-
nigfacher Richtung zubilligt. So läßt er sie zum Gewerbebetrieb
ee A. a. 0.8. 73, 77, 143.
A. a. 0. S. 227.
6 Preuß. Staatsrecht 2. Aufl. Bd. 1, S. 250.
® Nach der unten bei Note 86 ff. erwähnten späteren Praxis scheint
auch weiterhin zunächst nur auf diese Rücksicht genommen worden zu
sein, nicht aber auf das persönliche Untertanenverhältnis der Eltern. Das
ALR. selbst gibt keinerlei Anbalt.