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zum Ausdruck gelangten Auffassung, es ist der allenthalben vor
seinen Schranken Halt machende Absolutismus, der einerseits als
oberste Herrschergewalt, andererseits bereits als wirklicher Staat
auftritt, indem er die gewordenen Verhältnisse teils als wirkliche
Rechte, teils mehr oder weniger stillschweigend anerkennt, soweit
er sie nicht zerschlagen hat, der sich so als rechtliche Einheit
nicht nur gibt, sondern auch — abgesehen von seinen alten
patrimonialen Bestandteilen — bereits als solche erscheint, wenig-
stens soweit es sich um den Staat als solchen handelt 1%,
Dieser letztere Teil der landrechtlichen Auffassung geht auf die
Tatsache zurück, daß der Sieg des absoluten Herrschertums in
Preußen ın eine Zeit fällt, die bereits mit Macht auf den Verfas-
sungsstaat hinarbeitet. Das Problem der Volksrechte, in England
bereits 1689 grundgesetzlich anerkannt, spielte nicht nur in der
Wissenschaft, sondern auch in der Politik eine wichtige Rolle, wenn
auch hier zunächst noch negativ nach der Seite der Milderung des
Gegensatzes zwischen Herrscher und Volk in der Gewährung eines
Schutzes gegen die Uebergriffe der herrschenden Klassen. Es ist
wohl kaum ein reiner Zufall, daß ausgerechnet in Preußen ein
CHRISTIAN AUGUST WOLF und NETTELBLADT den Staat als „mo-
ralische Person“, als „ganze Gemeinheit“ im Sinne der Summe
aller Individuen einschließlich des Oberherren bezeichnen konn-
ten '®®, unter gleichzeitiger Abschwächung der Herrschersouve-
ränität bis zur Anerkennung verfassungsmäßiger Beschränkung
der Staatsgewalt (WOLF) und der Absorption der moralischen
Persönlichkeit durch die Herrscherpersönlichkeit nur noch nach
außen, während nach innen dem Volk eine besondere moralische
15 Deshalb war es jener Zeit auch möglich, ein wirkliches Staats-
recht und ein Polizeirecht zu schreiben, wenngleich beides nicht leicht
von der Politik zu trennen war und infolgedessen im wesentlichen auf
ein Nebeneinanderstellen der einzelnen Bestimmungen hinauskommen mußte,
wie wir dies in der Wissenschaft jener Zeit öfter finden, soweit sie po-
sitives Recht zur Darstellung bringt.
185 ÜIERKE, (senossenschaftsrecht IV S. 426.