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gleich an der in sich widerspruchsvollen Gesamtauffassung, die
einerseits den Rechtsstaat — wenn auch zunächst noch in einer
völlig unzureichenden Weise — proklamiert und damit in die
Lage kommt, die Rechtsverhältnisse der Ausländer im Staat auf
ganz neue Grundlage zu stellen !‘, andererseits aber am Absolutis-
mus festhält, wenn auch nur im Sinne eines rechtlich geordneten
Absolutismus auf der Grundlage der Staatspersönlichkeit!*‘. Bleibt
es so im Grunde bei der inneren Zerrissenheit des Staats mit seiner
Erstickung jeden Freiheitsgefthls durch den Absolutismus, enthält
die Staatsauffassung des ALR. im Grunde nur eine philosophische
Deklaration, so legt sie andererseits aber den Grundstein zur Durch-
führung der inneren Einheit des Staats, und zwar auf einer Grund-
lage, auf der nach 1806 weiter gebaut werden konnte, ohne daß
gerade diese Grundlage geändert zu werden brauchte — nämlich des
Gedankens der Staatspersönlichkeit auf mitgliedschaftlicher Grund-
lage, des echten staatlichen Gemeinwesens.
Der Wiederaufbau des 1806 zusammengebrochenen Staates
lag in den Händen eines Mannes, der bereits 1791 die Formel
„von den Gesetzen der Freiheit der Person und des Eigentums“
gebraucht hatte'“, worunter er Gesetze verstand, „welche die
verfassungsmäßig garantierten staatsbürgerlichen Rechte betref-
fen“, Freies Staatsbürgertum und dessen Hingabe an das staat-
liche Gemeinwesen sind die Grundzüge des STEINschen Reform-
programms, andererseits aber Einheit und Kraft der Staatsver-
waltung !”, Also auch sein Programm enthält wie das ALR.
1 Zu beachten ist aber, daß diese neue Grundlage insofern nichts
Neues bedeutet, als sie durchaus dem Geiste des Naturrechts entstammt
und in der überkommenen merkantilen Auffassung den Ausländer vielfach
charakteristischerweise besser stellt als den Inländer.
14 Auf diesem Widerstreit beruht die Kontroverse über den Polizei-
begriff des ALR., vgl. meine Schrift über den Begriff der Korporation
des Öff. Rechts nach Preuß. Recht 8. 49 fi. und 56 ff.
145 LEHMANN, Freiherr vom Stein Bd. 1 8. 48.
146 Rosın, Gesetz und Verordnung nach bad. Staatsrecht 1911 S. 47.
147 MEIER, Verwaltungsreform S, 139.