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ein Doppeltes: Der Staat ist nichts. Abstraktes, der Wille freier
Menschen ist der Träger der höchsten Macht, von der alle Re-
gierung ausgeht. Aber diese höchste Macht, Recht und Gewalt
vereinigen sich in dem König. Die geplante „allgemeine National-
repräsentation“ erscheint demnach nur als ein Mittel der höchsten
Gewalt, die „Wünsche des Volkes kennen zu lernen und ihren
Bestimmungen Leben zu geben“ ’*.
Es bleibt also einmal und zunächst nach außen hin bei der
anstaltlichen Auffassung des Staats, der König bleibt angeblich
absoluter Herrscher, die in der geplanten „allgemeinen National-
repräsentation“ liegende „Teilnahme des Volks an den Operationen
des Staates“! soll sich auf den Rat! der getreuen Untertanen
beschränken. Aber lag seither im Verhältnis zwischen den beiden
Seiten der Staatsauffassung das Schwergewicht durchaus auf der
Seite des Absolutismus, so daß die mitgliedschaftliche Seite im
Grunde nicht viel mehr als eine Deklaration darstellte, so ist das
Verhältnis jetzt gerade umgekehrt: Trotz ihrer kundgegebenen
Beschränkungen sind im Prinzip die Rechte des Volks jetzt an-
erkannt als wirkliche öffentliche Rechte, wofür es be-
langlos ist, in welcher Weise das praktisch vor sich ging, sowie
ob und inwieweit die Absicht bestand, diese Versprechungen zu
halten. In der Durchführung des STEINschen Programms tritt jeden-
falls eine äußerst kräftige Anerkennung dieser „ Teilnahme des Volkes
an den Operationen des Staates“ zutage, so namentlich und zu-
nächst in der StO. von 1808, die ein eigenes politisches Gesamtrecht
der Gemeinde anerkennt und dem Staat nur ein beschränktes Auf-
siehtsrecht läßt. Auch auf anderen Gebieten versteht sich der
Staat dazu, ganze sehr wesentliche Teile seines Systems der freien
Initiative der Bürger freizugeben; so beschränkt er sich in der
Verordnung vom 26. Dezember 1808 gegenüber den juristischen
148 Sog. politisches Testament des Freih. vom Stein bei SOHWARTZ
Kommentar zur VU. S. 5.
‚0 So direkt Ed. vom 27. 10. 1810 (Ges.Samml. $S. 31).