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Personen auf ein sicherheitspolizeiliches Aufsichtsrecht unter Ver-
zicht auf das weitgehende Mitbestimmungsrecht des Staates nach
ALR. '°
So verstanden ist es mehr als ein durch die politische Not-
wendigkeit bedingter Zufall, daß in der Zeit der Restauration
nicht mehr der Begriff des beherrschten Untertanen, sondern der
des preußischen Staatsbürgers im Vordergrund steht,
dessen bürgerliche Freiheitsrechte vom Staat durchaus anerkannt
werden, wie dies in dem Judenedikt von 1812 und dem Edikt
wegen Tragens der Nationalkokarde auch gesetzlichen Nieder-
schlag fand. Und in Anerkennung dieser bürgerlichen Freiheits-
sphäre verspricht das oben Note 62 zitierte Edikt vom 22. Mai
1815 ausdrücklich die „Bildung einer Repräsentation des Volks*,
die in den verschiedenen Besitzergreifungspatenten des Jahres
1815 sogar als „Teilnahme an der Konstitution“ bezeichnet wird.
Es ist der &edanke des Rechtsstaats, der sich hier un-
zweideutig äußert, der weit über die dem ALR. zugrunde liegende
Auffassung des Staates als repräsentative Sozietät hinausgeht,
wenn er schließlich auch nur dessen Fortführung bedeutet und so
den Staat wie seither nur als repräsentative Einheit erscheinen
läßt. Man hat sich durchgerungen zu der Auffassung des Staats
als Gesamtpersönlichkeit, als ein lebender Organismus mit Haupt
und Gliedern, als ein echtes Gemeinwesen, das weit mehr als eine
große Zwangsanstalt mit beschränkten Zwecken oder eine rein
politische Macht darstellt. Man darf zwar wohl annehmen, daß
diese Auffassung weniger bewußt, denn nur das Richtige ahnend
hier ihren Niederschlag fand. Noch war ja alles im Werden,
noch spielte die Phrase eine wichtige Rolle, noch steckte Alles
in unklaren Vorstellungen — und vor allem: noch war nach
außen hin alles beim Alten. Aber die Richtlinie war klar gezeich-
net: Der der im ALR. geistig bereits überwundene Absolutismus
150 Vgl. hierzu meine in Note 144 zit. Schrift S. 82 ff.