Das Deutsche Reich als Bundesstaat.
Versuch einer Verteidigung der WArTZschen Bundesstaatstheorie
gegen die Angriffe v. SEYDELs (Staatsrechtl. u. pol. Abh. 1893,
Komm. zur Verf.-Urkunde 1897) und LABANDs (Staatsrecht des
Deutschen Reichs, I u. II, 1911).
Von
Dr. JosEr HAUSMANN, München.
In seiner Abhandlung über den Bundesstaatsbegriff hat SEYDEL,
ohne daß eine ernstliche Widerlegung von gegnerischer Seite er-
folgt wäre', dargelegt, daß die herrschende, von WAITZ ? be-
gründete Theorie vom Wesen des Bundesstaates sich mit den all-
gemein anerkannten Begriffen von Staat und Souveränität in
keiner Weise vereinbaren lasse. Er hat daraus die Schlußfolge-
rung gezogen, daß der Begriff des Bundesstaates, zu dem auch
wir — in wesentlicher Uebereinstimmung mit WAITZ — uns be-
kennen, rechtlich unhaltbar sei (a. a. O. S. 15), daß ein
Mittelding zwischen Staat und Staatenbund
eine rechtliche Unmöglichkeit sei (a. a. 0. S. 102).
SEYDEL hätte auch die entgegengesetzte Schlußfolgerung
ziehen können, nämlich die, daß nicht der Bundesstaatsbegriff ım
I Vgl. Seypen selbst: Staatsrechtl. u. pol. Abh. S. 107.
2 Vgl. Wartz, Politik S. 153 ff.