— 13 —
sungsstaates tatsächlich unvereinbar — das Problem vom Juristi-
schen Standpunkte aus ungelöst geblieben ist.
Wie unjuristisch-politisch die Auffassung ist, daß gerade der
Uebergang vom Polizei- zum Verfassungsstaat die Kluft öffne,
die FLEINER wirklich, nur leider an unrichtiger Stelle wahrnimmt,
wurde schon in anderem Zusammenhange aufgezeigt. Wäre
FLEINER auf der Suche nach dem Grunde der problematischen
Natur vorkonstitutioneller Gesetze bis dahin vorgedrungen zu
sagen: weil der Staat ein anderer geworden ist — ein Wort,
das ihm sicherlich nicht mehr fern liegt —, so würde er doch
mit der erdrückenden Mehrheit der allenfalls in Betracht kom-
menden Stimmen den grundlegenden Verfassungs-
wandel als das Kriterium der Aenderung des Staates be-
zeichnet haben. Das wäre aber nur — in etwas verkleideter Ge-
stalt — der schon eingangs festgestellte Fehler der Identifizierung
des Staates im juristischen Sinn mit dem im politischen Sinn,
und Folge jener Auffassung, welche jede politische von einer
juristischen Umwälzung begleitet annimmt.
Und der unjuristisch-politische Gesichtspunkt schlägt womög-
lich noch deutlicher bei der Einschränkung durch, die FLEINER
aufstellt, indem er gleichzeitig, wenn auch nur als Notbehelf, die
Anwendung von Rechtssätzen aus der absoluten Aera gestattet; wir
meinen die Einschränkung, daß sie — gewissermaßen als Surro-
gat der formalen Legalität — „umsomehr“ mit der „Eigenschaft
der Allgemeinverbindlichkeit* ausgestattet sein müßten, was des
weiteren ihre ordnungsmäßige Verkündigung voraussetze. Sind
Gesetze aus vorkonstitutioneller Zeit prinzipiell auch heute noch
verbindlich, dann ist nicht einzusehen, warum gewisse unter ihnen
nicht verbindlich sein sollten. FLEINER legt da unrichtigerweise
den Maßstab von heute an, wiewohl — die prinzipielle Verbind-
lichkeit vorkonstitutioneller Normen vorausgesetzt — der Maß-
stab ihrer Zeit der einzig richtige wäre und im Mangel der
Publikation nur insoweit ein Hindernis der heutigen Anwen-
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVII. 1. 8