Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

— 1253 — 
Dr. jur. Erwin Jacobi, a. o. Professor an der Universität Leipzig, Der 
Rechtsbestand der Deutschen Bundesstaaten. 
Leipzig, Felix Meiner, 1917, 112 S. 
Diese Schrift ist eine Verschwendung von viel Fleiß und Scharfsinn; 
sie behandelt eine Frage mit eindringender Gründlichkeit, welche, wenn 
sie praktisch werden sollte, niemals nach den Rechtsgrundsätzen und am 
wenigsten nach den vom Verfasser entwickelten praktisch behandelt und 
entschieden werden wird. Den Anlaß zu der Untersuchung bildet das Er- 
löschen des regierenden Geschlechts in Schwarzburg-Sondershausen und 
das zu erwartende Erlöschen von Reuß jüngerer Linie. Eine Personalunion 
der betreffenden Kleinstaaten bietet keine juristische Schwierigkeit, wohl 
aber eine Verschmelzung zweier Staaten zu einem. Das gleiche Problem 
bietet die Teilung eines Staats in zwei oder mehrere, sowie überhaupt der 
Untergang oder die Bildung eines neuen Bundesstaates. Der Verfasser 
gruppiert die Theorien der deutschen Literatur in vier Klassen, nämlich 
die Lehren, nach denen die deutschen Bundesstaaten über ihre Existenz 
nicht verfügen können, sodann die Lehren, nach denen sie verfügen können, 
ferner nach denen das Reich das Verfügungsrecht über die Existenz der 
Bundesstaaten bat und endlich nach denen das Reich dieses Verfügungs- 
recht nicht hat. Alle diese Theorien werden als falsch oder ungenügend 
vom Verfasser nachgewiesen und er selbst stellt nach dm gegenwär- 
tigen Inhalt der Reichsverfassung die Theorie auf, daß das Reich und 
die Einzelstaaten zusammen diese Verfügungsmacht haben. Damit kann 
man sich einverstanden erklären; der Verf. stellt aber noch ein weiteres 
besonderes Erfordernis auf. Er macht nämlich darauf aufmerksam, daß 
ein Reichsgesetz die Existenz der einzelnen Staaten nicht sichern würde, 
da die Verfassung geändert werden kann, wenn im Bundesrat weniger als 
14 Stimmen dagegen abgegeben werden. Der Verfasser stellt daher die 
Anwendung des Artikel 78 Absatz 2 als erforderlich auf, das heißt, daß 
jeder Staat, der aufgehoben werden soll, seine Zustimmung dazu erklärt, 
indem er die im Artikel 6 der Reichsverfassung aufgeführten Stimmen als 
Sonderrechte der Einzelstaaten ansieht. Da aber nicht nur die Verfassung des 
Reichs, sondern auch das verhältnismäßige Stimmgewicht der einzelnen 
Staaten eine Veränderung erleiden würde, so hält der Verfasser einen ein- 
stimmigen Beschluß aller Bundesstaaten im Bundesrat für erforderlich. Nur 
dadurch sei die Existenz aller einzelnen Staaten, ja von Gruppen von je 
13 Staaten wirksam gesichert. Diese scharfsinnig begründete Theorie schießt 
über das Ziel hinaus. Wenn die überwiegende Mehrheit der Bundesstaaten, 
wie sie zu jedem die Reichsverfassung ändernden Reichsgesetz erforderlich 
ist, ferner die Majorität des Reichstags und die Einwilligung des Staates 
selbst, um dessen Existenz es sich handelt, einverstanden darüber sind, 
daß dieser Staat nicht länger fortbestehen, sondern untergehen soll, 80 
wird diese Maßnahme nicht dadurch vereitelt werden können, daß ein UN-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.