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bedeutender Staat, etwa Lippe-Detmold oder Mecklenburg-Strelitz dagegen
Widerspruch erhebt, sondern politische Erwägungen und hausgesetzliche
Bestimmungen werden maßgebend sein, ohne Rücksicht, inwieweit die vom
Verfasser aufgestellten Theorien als richtig anerkannt werden oder nicht.
Die Schrift des Verfassers ist eine Leistung reiner Begriffsjurisprudenz und
als solche von theoretischem Interesse, aber schwerlich von praktischer
Bedeutung. Laband.
Georges Werner, Dr. en droit, Avocat. Le controle judicaire & Gen&ve.
Genf 1917, Buchhandlung Kundig, 192 S.
Der vorliegende Band bildet den ersten Teil der Untersuchungen, welche
der Verf. über seinen Gegenstand anzustellen gedenkt. Er handelt von der
Zuständigkeit der Gerichte zur Nachprüfung von Gesetzen, Verord-
nungen und Verwaltungsakten auf ihre Rechtsgültigkeit, von der zivilrecht-
lichen Haftung des Staats und der Gemeinden für ihre Beamten und von
Erhebung und Anfechtung öffentlicher Auflagen.
Das Vorwort beginnt mit einem Preis der Kantonssouveränität. In der
Tat bildet das auch gerade den Reiz des Buches: zu sehen, wie diese Dinge,
die ja überall ihre Rolle spielen, in einem solchen kleinen Gemeinwesen
sich gestaltet haben. Sie stehen dort selbstverständlich auch nicht außer
Zusammenhang mit den Rechtsideen, die unsere Kulturwelt auch ander-
wärts bewegen. Insbesondere darf man von vornherein einen großen Ein-
fluß des französischen Rechts erwarten. Immerhin kommen diesem
gegenüber, auch abgesehen von der Einwirkung des eidgenössischen Rechtes,
starke Selbständigkeiten zur Geltung. Sie. bewegen sich vor allem in der
Richtung, daß den ordentlichen Gerichten ein weit größerer
Rechtseinfluß zugewiesen ist auf Gesetzgebung und Verwaltung, als ihnen
nach dem Grundsatze der Trennung der Gewalten, wie er in Frankreich
durchgeführt wurde, zukäme. Sie können Kantonsgesetzen die Gültigkeit
absprechen, wenn sie mit einer Verfassungsbestimmung nicht in Einklang
sind, ebenso Verordnungen, wenn sie als verfassungs- oder gesetzwidrig
angesehen werden. Auch der Verwaltungsakt, den das französische Recht
nicht antasten, nicht einmal auslegen läßt, ist vor ihnen nicht sicher: wenn
sie ihn für fehlerhaft und ungesetzlich ansehen, verweigern sie ihm die
Anerkennung; es findet also eine Prüfung in dieser Richtung statt. Aller-
dings das Beispiel S. 53 f. dürfte nicht zutreffen. Es handelte sich dort
um Verurteilung zu einer Polizeistrafe; der Angeklagte hatte vorgeschützt:
die erforderliche Polizeierlaubnis sei ibm willkürlich verweigert worden.
Verf. meint, das Gericht habe damit sagen wollen: die Verweigerung sei
rechtsgültig erfolgt (S. 54 Note). In Wahrheit hat sich aber das Gericht
mit dieser Frage gar nicht befaßt; es sagt nur: „tant que cette decision
existe*, so lange die Erlaubnis also nicht erteilt ist und das Verbot, von dem
sie entbinden sollte, besteht, ist man strafbar, wenn man diesem zuwider