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nicht jede staatlich zugefügte Rechtsgüterverletzung Strafe, viel-
mehr ist erforderlich, daß die Sühnungs- oder Ahndungsabsicht °°
auf seiten des Staates hinzukommt. So ist ein Eingriff des Staates
ins Privateigentum zwar staatlich zugefügte Rechtsgüterverletzung,
aber regelmäßig nicht Strafe, auch wenn man dies Wort im
weitesten Sinne nimmt (z. B. die Einziehung von Kupfer zur Muni-
tionsherstellung, die Enteignung von Grundstücken für den Eisen-
bahnbau), vielmehr nur dann, wenn der Eingriff zum Zwecke der
Ahndung irgendeines Unrechts erfolgt, wie die Einziehung der
instrumenta et producta sceleris ($ 40 RStGB.). Die Entziehung
von Orden und Ehrentiteln kann nun zwar auch zum Zwecke
der Ahndung einer unrechten Tat erfolgen, seit dem Inkrafttreten
des Preuß. Strafgesetzbuches vom 14. April 1851, wovon wir noch
unten zu handeln haben werden, geschieht solches aber in
Preußen auf Grund der AKO. vom 8. Febr. 1846 ausschließlich
noch durch den Strafrichter (heute auf Grund der $$ 32 ff. RStGB.).
Die dem Könige zustehende Entziehungsbefugnis dagegen be-
zweckt, wie im Falle von Irrtümern, einfachen Ehrverletzungen
und staatsfeindlicher Gesinnung, so auch im Falle wirklich straf-
barer Vergehungen heute niemals die Ahndung einer Tat, auch
nicht die bloß unehrenhaften Verhaltens, sondern lediglich die
Herstellung eines den Voraussetzungen der Verleihung (Ehren-
haftigkeit, Tapferkeit usw. des Beliehenen, Wahrung des öffent-
lichen Interesses) entsprechenden Zustandes ®®, wie schon aus der
von mir gegebenen Begründung des königlichen Entziehungs-
rechtes hervorgeht. Die Entziehung von Orden und Ehrentiteln
durch den König ist deshalb jedenfalls seit der AKO. vom 3. Febr.
1846, keine Strafe.
55 Die Handhabung der Strafgewalt im Staate besteht, wie HUBRICH
(a. a. O. 364) bei Auslegung des Art. 8 VU. zutreffend hervorhebt, in der
Androhung und Verhängung von Uebeln mit dem Charakter der
Strafe, d.h.behufssühnender Vergeltung verübten Un-
rechts.
se Vgl. Archiv für öffentl. Recht, XVI, 532, 544.