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„übergeht“, „übertragen wird“, „abgetreten wird“, so ist dieser
Vorgang staatsrechtlich ganz anders aufzufassen als nach privat-
rechtlicher Analogie. Es handelt sich dann um nichts anderes
als die Vergrößerung bzw. Verkleinerung des räumlichen Wir-
kungsbereiches der Staatsgewalt. Diese Veränderung tritt durch
Hinausschieben bzw. Zurückziehen der Grenzen‘? des Staatsge-
bietes in die Erscheinung. Dies wird natürlich nur für die ver-
tikalen Grenzen zu Lande, nicht für die Seegrenze und nicht für
die horizontalen Grenzen im Erdinnern und im Luftraum praktisch
werden können. Garnicht gehören hierher die sog. Binnengren-
zen®. Es ist üblich, bei solchen Grenzveränderungen von Erwerb
und Verlust von Staatsgebiet zu sprechen. Diese privatrechtliche
Ausdrucksweise ist irreführend ®®. Sie ist um so bedenklicher, als
mit ihr zu leicht auch privatrechtliche Zessions- und Rechtsnach-
folgevorstellungen übernommen werden. Und doch ist von einer
Uebertragung — sei es des Grund und Bodens (Eigentumstheorie),
sei es des Gebiets in gegenständlichem Sinne (Objekttheorie) oder
in räumlichem Sinne (Raumtheorie), sei es des dominium am Gebiet
oder des imperium am Gebiet bzw. über das Gebiet — oder von
einer Rechtsnachfolge der beiden beteiligten Staaten hinsichtlich
des im fraglichen Gebiete geltenden Rechtes absolut keine Rede.
Vielmehr verringert sich die Herrschaftssphäre des einen und ver-
größert sich die des anderen Staates um das „abgetretene* Ge-
biet. „Das Imperium eines Staates zieht sich zurück und das des
anderen Staates dehnt sich aus“?0, Geändert wird der Bereich,
e7” FLEISCHMANN, „Landesgrenze“ in WBdStVerwR. ? II. 705ff.
e8 7. B. PreußVU. Art. 2 betrifft nur die Grenzen des Staates, nicht
die Grenzen im Staate.
® Mit Recht spricht PreußVU. Art. 2 von einer Veränderung der Gren-
zen des preußischen Staatsgebietes.
70 JELLINER, 403. HARBURGER im ArchöffR. XVII. 155f. Aehnlich
— im Grunde genommen (trotz seiner Verwahrung hiergegen im ArchöffR.
XXVII. 455): übereinstimmend — RADNITZKY im ArchöffR. XX. 343:
Verschiebung in den örtlichen Kompetenzen der beteiligten Staaten. „,