— 192 —
Reiches, sondern von außen komme, sei der Grund, aus dem der
betroffene Gliedstaat den Unfall tragen müsse. Bedürfe das Reich
der Zustimmung Jes Gliedstaates, so gebe dies letzterem das Recht,
in das eigene Unglück das des ganzen lteiches hineinzuziehen.
Diese Ausführungen LABANDs sind an und für sich anzuerkennen,
enthalten aber keine juristische Begründung, sollen sie auch offen-
bar nicht geben. Aehnlich bemerken ZORN®® und PREUSS®®, es
werde sich in solchem Falle praktisch nicht um formale Juris-
prudenz, sondern um politische Notwendigkeit handeln. Das ist
unbestreitbar richtiv.‘ Sollen wir darum aber auf jeden Versuch
einer rechtlichen Begründung verzichten? Ist eine solche ganz
ausgeschlossen?
Juristisch gerechtfertigt wird die so einschnei-
dende Verfürungsmacht des Reiches über Einzelstaatsgebiet beim
Friedensschluß durch HAENEL®?. Der Inhalt des Friedensvertrags
übersteigt die Friedenskompetenz des Reiches. Die Zuweisung
des Kriegserklärungsrechtes an den Kaiser begründet auch sein
Recht, die ganze Existenz von Reich und Gliedstaaten aufs Spiel
zu setzen. Dementsprechend ist auch die Beendigung dieses
äußersten Wavnisses nicht an Bedingungen geknüpft, die dem
inneren Verhältnis zwischen Reich und Staaten entnommen
wären. Während bei anderen Verträgen die Kompetenzabgren-
zung zwischen lteich und Gliedstaaten beachtlich ist, ist der
Friedensschluß als integrierender Bestandteil des Kriegserklärungs-
rechtes allein Sache der kaiserlichen Entscheidung, ausschließlich
Reichskompetenz. Noch deutlicher äußert sich ANSCHÜTZ 8;
„Soweit dem Reiche auf Grund seiner Verfassung Kompetenzen
beigelegt sind, stehen ihm auch diejenigen gebietshoheitlichen
Rechte zu, welche mit jenen Kompetenzen untrennbar verbunden
85 Staatsrecht I. 102 101,
8° Gemeinde, Staat, Reich, 411.
87 Deutsches Staatsrecht L 1892, 545.
e8 Enzyklopädie IV. 78; ebenso MEYER-ANscHÜTZz $ 74 a.