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schluß knechtischer Dienste); der Vertrag erzeugte ein der Fa-
milie nachgebildetes wechselseitiges Treueverhältnis. Die
Kriegsbeute des Gefolges fiel dem Herrn zu; dieser unterhielt
und beschenkte vornehmlich aus diesem Erwerb die Mannen.
Die Gefolgschaft schließt eine Reihe von Momenten in sich,
wie sie in der späteren Rechtsentwicklung — im Lehens- und
Ritterwesen im modernen Staatsdiener- und ÖOffiziersrecht (im
Dienst- und Standesrecht) — ausgeprägt wiederkehren. Für die
vorliegende Darstellung ist besonders die gegenseitige familien-
artige Treuebeziehung und die ungemessene Dienst-
leistung des Mannes in persönlicher Hingabe herauszuheben, Er-
füllt wurde die Wehrpflicht in der germanischen Urzeit im Ge-
folge, im Volksheer oder in der auserlesenen Schar der „Hun-
dert“. Wer nicht dem „Gefolge“ angehörte, mußte die Aus-
rüstung und — solange das Heer nicht im Feindesland stand —
auch den Unterhalt selbst bestreiten.
Das Lehnswesen der fränkischen Zeit, das als eine Ein-
richtung der fränkischen Heeresverfassung aufkam, beruhte auf
einem persönliehen Element (der Vasallität) — einem eigen-
tümlichen Dienst- und Treueverhältnis und einem dinglichen
Element (dem Benefizialwesen) — der Hingabe eines Leihegutes
zu lebenslänglicher Nutzung; mit der Verbindung dieses persön-
liehen und des dinglichen Elements war die Entstehung des
Lehnswesens vollendet.
Es zeigt sich hier — ähnlich wie bei der Gefolgschaft —
das Ineinandergreifen sittlicher und juristischer Momente,
wobei das Moment der gegenseitigen Treue die innerste Grund-
lage der einheitlichen Gesamtkonstruktion bilde. Die Hingabe
des Leihegutes schließt noch ein besonderes Vertrauensmoment in
sich. — Das Lehensrecht zeigt ein Ineinandergreifen öffentlich-
und privat-rechtlicher Gedanken. Die Vasallität erscheint als die
5 SCHRÖDER a. a. O., $ 24, S. 156; $ 40, S. 393.