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schieht dies in der vorliegenden Schrift nur vorzugsweise,
weil sich in dem Stoff eines öffentlichen Fürsorgerechts gerade
dieser Begriff besonders wesentlich und fruchtbar erweist.
Die Sittlichkeit ist in ihrem vollen Umfange im Recht wirk-
sam. Recht und Sittlichkeit beherrschen und durchdringen das
Leben der einzelnen Menschen und Völker wie deren Zusammen-
leben und Verkehr. Die Sittlichkeit ist die umfassendere, tiefer-
greifende, wichtigere Macht, welche die Menschheit einheit-
licher beherrscht, als diesdie verschiedenartige Rechts-
ordnung der Völker vermag.
Die Begriffe von Moral und Kultur treten auf einem
völkerrechtlichen Gebiet besonders klar zutage: beim Be-
setzungsrecht im feindlichen Land und seiner praktischen Durch-
führung: esist nicht allein eine sittliche und kulturelle Forde-
rung, sondern eine klare Rechtspflicht, wenn der besetzende Staat
das in dem fremden Landesteile geltende Recht tunlichst schont
und zur Anwendung bringt, das geistige und wirtschaftliche
Leben wieder in Fluß bringt und nach Möglichkeit dafür Sorge
trägt, daß der Krieg lediglich auf militärischem Gebiet geführt
wird; dies schließt natürlich nicht aus, daß sich der besetzende
Staat nach Bedarf der feindlichen Mittel, wie der Finanzen,
der Verkehrsmittel, der Ernährungsmöglichkeiten, bedient, um
seine eigenen Bedürfnisse zu decken (vgl. Moltkes „Gesammelte
Schriften und Denkwürdigkeiten* Bd. 5 S. 196).
Versicherungspflichtige Arbeit im besetzten Feindesland gibt
auch gelegentlich zu Zweifelsfragen beim Vollzug der R.V.O.
Anlaß:
So war im Laufe des gegenwärtigen Kriegs die Frage zu
lösen, bei welcher Versicherungsanstalt die von der Feldintendan-
tur eines bayrischen Reservekorps im besetzten feindlichen Aus-
land mit Drescharbeiten beschäftigten inländischen Arbeiter zu
versichern seien. Das Reichsversicherungsamt äußerte sich unterm
27. II. 1915 dahin, daß es — vorbehaltlich einer instanziellen