Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

—_ 34 — 
gefolgert werden, daß der Körperschaftswille als ein „selbständiger“ ® 
von den einzelnen Willen zu trennen wäre. Der Verbandswille 
besteht in dem Zusammenwirken der Einzelwillen der Mitglieder. 
Dadurch entsteht nicht ein neuer selbständiger Verbands- oder 
Staatswille, sondern es verbleibt bei einem von den Mitgliedern 
und ihrem Einzelwollen abhängigen Willensprodukte. Das ist 
juristisch von Bedeutung, denn auch die als Körperschaften zu 
betrachtenden Einzelstaaten und speziell die Bundesstaaten haben 
also nicht einen selbständigen Willen, sondern es ist bei ihnen 
nur ein durch die Einzelwillen, bei den Bundesstaaten durch die 
Staatsgewalt oder den Gewaltwillen der Einzelstaaten gebildetes 
Willenspıodukt vorhanden. 
Die praktischen Konsequenzen aus dieser Körperschaftsauf- 
fassung sind folgende: Die Korporation oder der Verband als 
Rechtssubjekt ist nicht willensfähig wie die einzelnen, sondern 
nur wirkungsfähig durch die einzelnen, insbeson- 
dere diejenigen, welche die Verbandszwecke zu besorgen berufen 
sind. Die Körperschaft sowohl des Privatrechts als auch die 
öffentliche, insbesondere der Staat, ist also auch nicht delikts- 
fähig im Sinne eines richtig verstandenen Strafrechts ”. Die Kor- 
poration haftet lediglich vermögensrechtlich für deliktische 
Handlungen ihrer verfassungsmäßig berufenen Zweckbesorger (sei 
es nun zivilrechtlich oder durch strafrechtliche Bußen und ver- 
mögensrechtlich zu begleichende Polizeistrafen). 
Nachdem wir so die Wirkungsfähigkeit der Korporationen 
nach außen skizziert haben, wollen wir diesen Gedanken auch 
nach innen verfolgen. 
Zweckwollen, Triebeinheit und Zweckeinheit siehe Teil I S. 26 u. 27 und 
S. 56, 57. 
© So LABAND, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches 19115 I S. 57. 
” Vgl. die treffenden Bemerkungen bei KOHLER, Lehrbuch des bürger- 
lichen Rechts 1904 I S. 330, a.M. HarTer, Die Delikts- und Straffähigkeit 
der Personenverbände (1903).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.