Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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nicht, so schützt den vertragstreuen Staat auch das Obligatorium herzlich 
wenig. 
Ill. Dem noch unvollkommenen Wert der institutionellen Schieds- 
gerichtsbarkeit entspricht das Ergebnis der Bemühungen auf den beiden 
Haager Konferenzen. Die zweite Konferenz kam nicht viel weiter als die 
erste. Dies muß auch LAMMAScCH zugeben. Ja, es ist bezeichnend, daß 
das einzige obligatorische Schiedsgericht, zu dessen Einsetzung man sich 
schließlich verstand — das im übrigen aber mangels Ratifizierung durch 
die Hauptgroßmächte noch nicht eingesetzt ist —, als oberste Voraus- 
setzung den Krieg hat: ohne diesen sind Prisen und Prisengerichte nicht 
gut möglich. 
Der wahre Grund, weshalb dem Schiedsgerichtsgedanken im Völker- 
recht so schwer ein Weg zu bahnen ist, liegt einzig darin, daß ein völker- 
rechtliches Prozeßverfahren den Stempel erwünschter, vergleichsweiser Er- 
ledigung trägt, mithin leicht als Zeichen von Schwäche ausgelegt werden 
kann, vor allem für den, der Ansprüche erhebt und es selbst doch nicht 
„wagt“, zu ibrer Durchsetzung das äußerste Mittel zu ergreifen. Im natio- 
nalen Recht löst die Inaussichtstellung der Anrufung eines Gerichts, und 
auch eines Schiedsgerichts, die gegenteilige Wirkung aus. Hier bilden 
schon diese Mittel die ultima ratio. Im Völkerrecht hingegen gibt es noch 
stärkeren Zwang, der einen vollwertigen Ersatz im Schiedsgerichtsverfahren 
bislang nicht gefunden hat. Auch LAMmMmASscH streift diesen Gedanken, 
nur dürften jene Unterschiede noch nicht deutlich genug gekennzeichnet 
sein. Erst wenn es zur allgemeinen Staatenüberzeugung geworden ist, daß 
das Anbieten oder die Inanspruchnahme kein Zeichen der Schwäche 
bildet, erst in dieeem Augenblick dürfte fester Boden für eine allgemeine 
völkerrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit gewonnen sein. Daß dies für alle 
Zeit unmöglich sein sollte, braucht nicht einmal angenommen zu werden. 
Auch in anderen Fragen hat sich im Laufe der Zeit die Anschauung der 
Staaten so konsolidiert, daß auf ihr unumstößliche Rechtssätze aufbauen 
konnten. Aber immer ist dauernd festzuhalten: was für das nationale 
Recht die Staatsgewalt bedeutet, das vermag im Völkerrecht nur die ge- 
meinsame Ueberzeugung der beteiligten Rechtssubjekte zu ersetzen! 
Solange die innere Notwendigkeit der Ausschaltung des Krieges und 
die Schaffung einer Schiedsgerichtsbarkeit von noch so geringem Umfange 
nicht allgemein anerkannt ist, wird ein ersprießliches Ergebnis internatio- 
naler Konferenzen zu dieser Frage nicht zu erwarten sein. Dies zeigt auch 
der Gang der bisherigen Verhandlungen. 
Es wird gewiß den Großmächten nicht leicht fallen, eine dritte, noch 
so unparteiische Instanz über sich richten zu lassen. Der Souveränitäts- 
gedanke hindert in erster Linie die Förderung der schiedsgerichtlichen 
Institution. Die Befürchtung aber, daß hieraus sich irgendwelche der 
Souveränität zuwiderlaufende Konsequenzen ergeben könnten, ist unbe-
	        
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