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und Gebräuche des Landkrieges nicht beobachten können. Ihr
sollt dadurch abgehalten werden, einen solchen Einfall zu unter-
nehmen. Um diesen Preis nehmen wir es in den Kauf, daß
unsere Bevölkerung nicht als Kriegspartei betrachtet und be-
handelt wird.
Ich bin überzeugt, daß dieser Gedanke, wie von den Mittel-
staaten gehegt, so von den Großmächten erfaßt worden ist, sagt
doch das Generalstabsheft 31: Kriegsgebrauch im Landkrieg:
„Nimmt die Bevölkerung am Kampfe teil, so muß sie es sich ge-
fallen lassen, daß beim Kampfe um die offene Stadt diese ein
Raub der Flammen wird. Tatsache ist schließlich doch, daß die
Massenerhebungen im allgemeinen keinen Erfolg haben und nur
unnötige Erbitterungen und grausame Maßregeln des Gegners zur
Folge haben.“ Jedenfalls wäre die Macht, die im Vertrauen auf
Beobachtung des aus der Unehrlichkeit geborenen Art. 2 not-
wendige Vorsichtsregeln unterließe, übel daran. Sie wird sie aber
nicht unterlassen und so wird der Erfolg dieser bedenklichen Ge-
setzgebungspolitik auf die Urheber zurückfallen. Der Leidtragende
wird das aufgehetzte Volk sein.
Notstandsrecht, Allbeteiligungsklausel, Recht der Kriegspartei
sind Hauptmängel des bisherigen Kriegsrechtes. Die Mängel sind
damit lange nicht erschöpft. Wer denkt nicht an die unklare
Fassung der Art. 7 und 9 der V. Konvention der Konferenz von
1907 „betreffend die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte
und Personen im Landkriege“, die es den Amerikanern ermög-
lichte, ihre Waffen- und Munitionslieferungen auf einen Schein
des Rechts zu stützen, an das wirklichkeitsfremde Verbot, Führer-
dienste im feindlichen Lande zu verlangen, das es nicht gestattet,
einen Bauern nach dem Wege zu fragen, an dem ungeklärten Be-
griff der „unverteidigten Städte“ nach Art. 25 und der „Mitver-
antwortlichkeit* nach Art. 50 der Landkriegsordnung, an die
völlig unkontrollierbare Verpflichtung, Geldauflagen nur zur Dek-
kung der Bedürfnisse des Heeres oder der Verwaltung des be-