Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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nehmen als ganzes bekannt haben, ratifizieren dann zum großen 
Teil auch. Der Staat aber, der gewisse Kriegsrechtsnormen prinzi- 
piell verletzt, kann hinsichtlich dieser Normen bis auf weiteres nicht 
mehr als vertragsfähig angesehen werden. England hält nun einmal 
daran fest, daß der Krieg gegen das feindliche Volk und nicht 
nur gegen dessen Heer und Flotte geführt wird. Frankreich und 
Belgien führen nun einmal Franktireurkrieg. Wir wissen es von 
1870/1871 und aus diesem Kriege. Wir wissen auch, wie die 
Volksverhetzung in Frankreich in den letzten Jahren betrieben 
worden ist. Wer das Monument des trois instituteurs in Laon 
vor der ecole normale gesehen hat, das lange vor dem Kriege 
entstanden ist, dem steht ein ehernes Zeugnis davon vor den Augen. 
Wir müssen uns damit auch klar darüber sein, daß die Nichtbe- 
achtung solcher Völkerrechtsnormen keineswegs bloß den Regie- 
rungen zur Last fällt, sondern daß sie auf tiefeingewurzelten Volks- 
anschauungen beruhen, auf denen die Verhetzung einen guten 
Nährboden findet, die man auch durch Völkerrechtsabkommen 
nicht ändern kann. Also können auch kriegsvölkerrechtliche 
Verträge insoweit bis auf weiteres mit diesen Staaten nicht ab- 
geschlossen werden. Aber die Konferenzen werden in den 
nächsten Jahren nach dem Kriege überhaupt unmöglich sein, viel- 
leicht in der bisherigen Form gar nicht wiederkehren. Und das 
ıst gut so. 
Wir dürfen auch nicht vergessen, welche Nachteile uns sel- 
ber aus diesen Konferenzen erwachsen und wie mit ihnen und 
durch sie Stimmung gegen einen Staat gemacht wird, der seine 
guten Gründe hat, sich nicht majorisieren zu lassen. Deutsch- 
land hat man die Verantwortung zugeschoben, daß es 1907 zur 
Annahme des obligatorischen Schiedsvertrages nicht gekommen 
ir. „Deutschland hat durch seine hartnäckige und unversöhn- 
liche Stellungnahme“, heißt es bei dem pazifistischen Schrift- 
steller FRIED, „gegenüber dem ausgesprochenen Willen einer 
kompakten Staatenmehrheit, der die größten Kulturstaaten ange-
	        
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