Full text: Archiv des öffentlichen Rechts. 37. Band. (37)

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nicht einmal mit allen wichtigen Kautelen des primären Notver- 
ordnungsrechtes ausgestattet wäre. Eine Abnahme der staats- 
rechtlichen Energie bei der Uebertragung wäre hier formell nicht 
festzustellen. Denn es gibt hier nur ein „Entweder — Oder“. Auch 
inhaltlich ginge dieses Verordnungsrecht überdies bedeutend weiter 
als das Reichsdeutsche. Denn wie schon beim primären Notver- 
ordnungsrechte der österreichischen Krone selbst fehlt hier im 
Gegensatze zum wirtschaftlichen Notverordnungsrechte des deut- 
schen Bundesrats jede Beschränkung auf bloße Abwehr von Schäden. 
Die Regierung darf ohne solchen Vorbehalt also freischöpferisch 
tätig werden, sobald es sich nur wirtschaftlich als notwendig er- 
weist. Mit der Annahme eines echten Notverordnungsrechtes der 
österreichischen Regierung in diesem Sinne wäre jedenfalls die 
Folgerung nicht abzuweisen, daß dieses Recht nach Grundlage, 
Fassung und Umfang mit ausgesprochen „diktatorischen * Elementen 
durchsetzt ist. Die wirkliche Ausbildung und Entfaltung einer sol- 
chen wirtschaftlichen Diktatur hängen natürlich ganz vom Gebrauche 
dieser Bestimmung ab als dem wichtigsten Prüfstein, ob all dies 
auch wirklich so gemeint war. Die österreichische Praxis zeigt 
nun freilich keine reinen Linien. Bald wurde die Ermächtigung 
in vollem Maße ausgeschöpft, bald wieder und sogar recht häufig 
keineswegs. Bei vorsichtiger Würdigung der Handhabung läßt 
sich daher allgemein nur sagen, daß sich die österreichische Regie- 
rung bewußt gewesen ist, an dieser Ermächtigung ein volles Not- 
verordnungsrecht zu besitzen, das mit Vorliebe in Anspruch ge- 
nommen wurde, wenn es galt, allgemeinen Rechtsgrundsätzen ent- 
gegen die vom Bedürfnisse verlangten Bestimmungen zu erlassen, 
ohne geradezu bestimmten gesetzlichen Vorschriften zu derogieren 
oder die Geltung zeitweise zu entziehen. Auf dieser Grundlage 
sind viele (vielleicht sogar die Mehrzahl der) Höchstpreis- und 
Verkehrsverordnungen erlassen worden und zwar mehrfach nur 
von den nächstbeteiligten Ministern, nicht etwa vom Gesamtmini- 
sterium, das die primären Notverordnungen der Krone als solches
	        
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