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legen — oder zu zerstückeln, (wie vielleicht jene sagen werden,
die vom Blick auf die historisch-politische Gegebenheit befangen
und dabei dualistisch zu denken nicht gewohnt sind); sie son-
dert, wo die herrschende, soziologisch-politische Staatslehre viel-
leicht stolz ist zu verbinden; sie hat als Ergebnis statt des
(juristisch in einem gewissen Sinne zusammengesetzten) Staats-
ganzen mehrere unzusammenhängende Rechtssysteme.
Es ist nur eine Folgerung, oder wenn man will, eine An-
wendung des angedeuteten KELSENschen Grundgedankens, wenn
wir, analog der Beschränkung der (ehedem mit wenigen Ausnahmen
uferlosen, den Staat als Sozialerscheinung zu erfassen strebenden)
Staatsrechtslehre auf den Rechtsstaat (anders gesagt: das rechtlich
Erfaßbare am Staat), den Staat im Rechtssinn auf das juristisch
Erfaßbare, auf die Erkenntnismöglichkeiten der Staatsrechtslehre
einengen. Und da ergibt sich eben die Notwendigkeit einer Ab-
straktion der umfassenden historisch-politischen Gegebenheit, jene
schon eingangs skizzierte Separation und Restriktion der Staatser-
scheinung auf einen rechtlich relevanten Ausschnitt aus dem so-
zialen Phänomen.
Was ist nun also diese Besonderheit des Staates im Rechts-
sinn? Eine genetische Definition wird die Frage fürs erste auf-
hellen. Wie der Staat im historisch-politischen Sinn durch die
Einheit von Volk und Land, Kultur und Zivilisation u. dgl., so
wird er durch die Einheit des Rechtes zusammengehalten, konsti-
tuiert. Um in einem vorläufigen Bilde zu sprechen, gehört zu
einem Staat im Rechtssinn alles das, was auf einen gemeinsamen
Nenner gebracht, oder, was von einem Gipfel abgeleitet, auf ein
rechtliches Zentrum bezogen werden kann. Im Rahmen
der historisch-politischen Gegebenheit eines Staates wird man aber
oft mehrere derartige Zentren wahrnehmen können und demzu-
folge auseinanderhalten müssen.
Um nun einen Schritt fortzufahren, sei festgestellt, daß es
die Verfassung eines Staates ist, welche jenes Zentrum ab-
Archiv des öffentlichen Bechts. XXXVII. 1. 5