_- 8 —
Erkenntnisgrund der Staatseinheit ist für den Juristen die
Rechtseinheit, ja mehr noch die Rechtsgleichheit, ja im Grunde:
die Unverändertheit des Rechtes: dies alles in einem der formalen
Natur des Rechtes entsprechenden formalen Sinne, welcher später
noch deutlich werden soll.
Il. Der Satz von der lex posterior als Erkennt-
nisgrund der Rechtseinheit.
Die herrschende Staatsrechtslehre überbrückt nun Klüfte der
geschilderten Art, welche die Rechtseinheit sprengen, ja über-
springt? sie eigentlich, ohne ihrer gewahr zu werden (wobei die
Ränder der Kluft völlig unverbunden bleiben), operiert ebenso
mit verfassungsrechtlich mehrfach zentrierten Staaten, wie die
von verfassungsrechtlichen Momenten begreiflicherweise abstrahie-
rende schwesterliche Soziallehre des Staates. Die historisch-
politische Identität genügt ihr, eine dem historisch-politischen
Staatsindividuum völlig zugeordnete Staatsperson anzunehmen,
und die schreiendsten rechtlichen Dissonanzen, die aufgelegte Dis-
kontinuität des diesem Staatsindividuum eigenen Rechtes vermag sie
an dieser Annahme nicht irre zu machen. Wer dieser Diskonti-
nuität überhaupt gewahr wird, wer also z. B. die Beobachtung
macht, daß heute eine Verfassung kreiert wird, wonach in Zu-
kunft der Monarch und eine Volksvertretung zur materiellen Ge-
setzgebung zusammenzuwirken haben, und daß morgen entgegen
diesem Verfassungsprinzipe ein Akt materieller Gesetzgebung wie-
der vom Monarchen allein ausgeht, nachdem dieser wieder (oder
auch nicht) in irgend einer besonderen Willenskundgebung den
anderen Gesetzgebungsfaktor ausgeschaltet hat: wer angesichts
einer solchen Tatsache und in der Einsicht, daß hier ein tief-
gründiges Problem der juristischen Wissenschaft gegeben ist, mit
einer wissenschaftlichen Geste die beiden Gesetzgebungsakte sozu-
sagen unter einen Hut zu bringen sucht, der spricht das Wort von
18 Die Ueberbrückung kann unter Umständen korrekt sein.