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lich mit einem und demselben Staat zu tun habe? Handelt es sich
überhaupt noch um einen und denselben Staat, sofern man zur
Herstellung der Rechtseinheit erst noch dieses logischen Prinzipes
bedarf? Das sind ungefähr die Fragen, welchen die herrschende
Lehre höchstens mit Antworten begegnet, die sich im Zirkel be-
wegen.
Es sei abermals — und zwar ein längeres Zitat — aus GEORG
JELLINEK gestattet, der uns für die glänzendsten wie allerdings
andererseits auch für die schwächsten Aufstellungen der herrschen-
den Staatslehre Exempel bietet. „Der normale Weg der Auf-
hebung der Gesetze ist ... . der der Gesetzgebung; er ist der ein-
zige legale (Weg) absichtlicher Aufhebung bestehender Gesetze.
Hier ist nun eine Reihe formaler Möglichkeiten gegeben. Ein Ge-
setz kann nämlich aufgehoben werden: 1. durch ausdrückliche,
in einem Gesetze ausgesprochene Aufhebung; 2. durch ein spä-
teres, derogatorische Bestimmungen enthaltendes Gesetz“14. Diese
Worte für sich betrachtet würden zunächst sogar die Möglichkeit
offen lassen, daß die Gesetze des einen (des inländischen) Staates
durch Gesetze eines anderen (ausländischen) Staates abgeändert
werden könnten. Eine solche allgemein derogierende Kraft wird
nun allerdings (ohne daß es aber an dieser Stelle zum Ausdruck
käme), einem beliebigen Gesetze von JELLINEK nicht zuge-
schrieben. Es sind nur Gesetze des nämlichen Staates gemeint,
der die abzuändernden Gesetze geschaffen hat. Als dieser selbe
Staat ist aber das historisch-politische Individuum gedacht; jeden-
falls fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, um diese — allgemein ver-
breitete — Meinung als von JELLINEK ausgeschlossen zu erachten.
Ein Verfassungsbruch bringt z. B. legislative Akte an die Oberfläche
des politischen Lebens, die mit dem Bisherigen oft nur allzu gründ-
lich aufräumen; zu allem Ueberflusse ist häufig auch noch ausge-
sprochen, daß das Bisherige für immer außer Kraft gesetzt sein
solle. Ist diese Maßregel, wie unserer Voraussetzung entspricht,
14 Gesetz und Verordnung, S. 336.