Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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sofern von Bedeutung, als man aus ihr die — im übrigen, wie 
schon bemerkt, durch praktische Erwägungen unbedingt gebotene 
— Beschränkung der Möglichkeit herleiten kann, die verfassungs- 
mässig zu Stande gekommenen Gesetze ihrem Inhalte nach für 
verfassungswidrig zu erklären, und dazu gelangen muss, diese 
Möglichkeit ausschliesslich dem Oberbundesgerichte vorzubehalten. 
Eine unzweifelhafte Anerkennung hat zwar das hier Vorgetragene 
noch nirgends erhalten; immerhin gilt unstreitig nach allgemeiner 
Auffassung ein Zweifel an der Verfassungsmässigkeit eines Ge- 
setzes in materieller Hinsicht erst für begründet, wenn das Ober- 
gericht die bezügliche Frage entschieden hat, und ohne Berufung 
auf ein von demselben in dieser Hinsicht ergangenes Präjudiz 
dürfte einer derartigen Entscheidung von Seiten eines Untergerichtes 
in keinem Falle diejenige Bedeutung zuerkannt werden, welche 
mit Bezug auf die aus der Gleichstellung der richterlichen und 
legislativen Gewalt herzuleitende Kontrole der letzteren durch 
die erstere dem richterlichen Erkenntniss gebührt. 
Die Schlusskapitel des v. Horsr’schen Werkes bilden die „aus- 
drücklichen Kompetenzbeschränkungen und Verbote“, die „ausdrück- 
lichen Verpflichtungen der Bundesregierung“ und die „Rechte und 
Rechtssicherheit einzelner“; damit aber werden Dinge unter ein- 
ander gemischt, die eigentlich nicht zusammen gehören. Was 
unter den „ausdrücklichen Verpflichtungen“ verstanden wird, ent- 
hält etwas begrifflich ganz Verschiedenes von dem, was unter 
den ersten und dritten Punkt fällt; diese beiden hätten durchaus 
nicht von einander getrennt werden sollen, denn es handelt sich 
bei beiden übereinstimmend um jene Menschenrechte, deren Pro- 
klamirung man, wie schon einmal erwähnt, gegen Ende des 
vorigen Jahrhunderts als das charakteristischeste Merkmal für die 
wahrhaft freiheitliche Richtung jeder Staatsverfassung ansah. 
Hanmıtron war kein besonders eifriger Anhänger dieser vornehm- 
lich durch die französische Staatsphilosophie vertretenen „Grund- 
festen für die bürgerliche Freiheit“, sondern meinte, die Befolgung 
der bezüglichen Grundsätze der Gesetzgebung selbst überlassen 
zu können in der Voraussetzung, dass eine auf demokratischer 
Grundlage ruhende Regierung dieselben ohnehin in entsprechen- 
der Weise zur Geltung bringen werde; sie finden sich dement- 
sprechend auch nicht in den ursprünglichen Text aufgenommen, 
sondern bilden den Inhalt der ersten zehn, allerdings bereits im
	        
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