Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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handele, überhaupt nicht ohne weiteres anwendbar seien. Als ausdrück- 
liches Verbotsgesetz im Sinne des $ 172, Tit. 16, Th. I sei lediglich ein 
solches anzusehen, welches der preussische Gesetzgeber erlassen, und im 
Sinne der $$ 205 und 206 a. a. O. sei „unerlaubt“ oder „wider die Ehr- 
barkeit“ verstossend nur derjenige Zweck, welcher nach den aus dem 
preussischen Rechte sich ergebenden Sätzen die gedachten Qualifikationen 
ergibt. Nur seinen eigenen Rechtsnormen habe der preussische Gesetz- 
geber füglich einen derartigen Nachdruck geben können, dass er an die 
Verletzung derselben vermögensrechtliche Straffolgen zur Bereicherung des 
Fiskus knüpfte. Hier aber sei lediglich ein Gesetzgebungsakt des Deutschen 
Reiches als verletzt bezeichnet; aus einem etwaigen Verstosse des Beklagten 
aus Art. 32 der R.-Verf. würde immer noch nicht herzuleiten sein, dass der 
preussische Fiskus den Verstoss des Beklagten zu privatrechtlichen Kondik- 
tionen verwerthen dürfe. 
Gegen diese Auffassung bemerkt das von dem I. Civilsenate des Ober- 
landesgerichts in Naumburg am 7. Mai 1886 verkündete zweitinstanzliche 
Urtheil folgendes: „Nach Art. 2 der R.-Verf. übt das Reich das Recht der 
Gesetzgebung nach Massgabe des Inhalts der Verfassung mit der Wirkung 
aus, dass die Reichsgesetze den Landesgesetzen vorgehen. Es kann dess- 
halb keinem Bedenken unterliegen, dass, wo immer eine reichsgesetzliche 
Bestimmung sich findet, welche ein Verbot ausspricht, diese Bestimmung 
für die einzelnen Bundesstaaten als ein Verbotsgesetz zu erachten und 
als solches zu respektiren ist. Dabei kann es keinen Unterschied machen, 
ob die betreffende reichsrechtliche Bestimmung in einem Specialgesetze sich 
findet, oder ob sie, weil die Wichtigkeit der Sache und das öffentliche 
(Reichs-)Interesse dies erforderte, in der Reichsverfassungsurkunde ihre Stelle 
gefunden hat, welche schon in der Gestalt als Verfassung des Norddeutschen 
Bundes als Gesetz mit Gesetzeskraft vom 1. Juli 1867 in der preussischen 
Gesetzsammlung von 1867 verkündet worden ist. Was gesetzlich ver- 
boten ist, das ist auch unerlaubt. Wo demnach der preussische Gesetzgeber 
gewisse Rechtsnachtheile eintreten lässt, wenn jemand gegen ein Verbots- 
gesetz oder zu unerlaubtem Zwecke oder in unerlaubter Absicht ein Ge- 
schäft oder eine Rechtshandlung vornimmt, da kann und muss das Kriterium 
des „Unerlaubten“ oder „Verbotenen* allemal auch dann als vorhanden an- 
genommen werden, wenn einem BReichsverbotgesetze zuwidergehandelt 
wird. Die entgegengesetzte Ansicht des ersten Richters, dass unter „uner- 
laubt“ nur dasjenige zu verstehen ist, was nach dem preussischen Landrechte 
unerlaubt ist, und nicht vielmehr alles, was nach den in Preussen gel- 
tenden Gesetzen unerlaubt ist, bedarf keiner Widerlegung.“ 
Wir möchten hinzufügen, dass das in Preussen geltende, wenn auch 
aus reichsrechtlicher Quelle stammende Recht doch nicht minder preussi- 
sches Recht ist, als das von den preussischen Gesetzesfaktoren zu Stande 
gebrachte Recht oder das preuss. Allg. Landrecht. 
Die Hauptfrage aber bei den in Rede stehenden Diätenprozessen ist 
die, ob der Art. 32 der R.-Verf. nur die Annahme von Besoldungen
	        
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