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„Tagsatzungsbeschlüsse“, wenn man sie überhaupt so nennen will,
nach Hause, aber nicht wieder „zurückgebracht“ wurden und sodann
Mangels der nothwendigen Uebereinstimmung der Stände, die
im Allgemeinen bundesrechtlich nothwendig war, liegen blieben ?°).
So war z. B. das berühmte „Mandat vom Glauben“ von 1525,
der ernstlichste Versuch, die Reform von Staatswegen und ohne
Glaubensspaltung vorzunehmen, der in der Reformationszeit ge-
macht wurde; ein Beschluss einer in Luzern versammelten Tag-
satzung (allerdings ohne Zürich, das nicht theilnahm), konnte aber
dessenungeachet nicht zur Geltung gelangen, da die Ratification
der einzelnen Stände nicht erhältlich war.
Von dieser Einrichtung, welche sich dann noch in diesem
Jahrhundert, unter der Herrschaft des Bundesvertrags von 1815
wiederholte, ist der Name „Referendum“ auf den ganz andern
Fall übertragen worden, wo eine moderne repräsentative Ver-
sammlung Gesetze erlässt oder allgemein verbindliche Beschlüsse
fasst, welche zu ihrer definitiven Giltigkeit noch eines Volks-
votums bedürfen oder einem solchen unter gewissen Bedingungen
noch unterstellt werden können. Diese Aehnlichkeit des alten
Referendum’s mit der modernen Institution dieses Namens ist also
eine blos äusserliche.
Thatsächlich vollzog sich diese Umwandlung zunächst in den-
jenigen heutigen Cantonen der Eidgenossenschaft, welche in der
®\ Um wenigstens eine gleichartige, in dem Thatsächlichen überein-
stimmende Berichterstattung an die Stände zu erzielen, wurde allmählig am
Schlusse jeder Tagsatzung ein sogenannter „Abschied“, d. h. ein Schluss-
protocoll über die sämmtlichen Verhandlungen von einem beauftragten
Schreiber aufgenommen und jedem Stande eine Abschrift davon mitgetheilt.
Aus diesen Protocollen ist das grossartige Quellenwerk der „Eidgenössischen
Abschiede“ hervorgegangen, das nun nächstens vollendet sein wird und die
allein zuverlässige Autorität für die Geschichte des schweizerischen Bundesstaats-
rechts bildet. Ganz ähnlich den alten Tagsatzungen sind, wenn man sich
eine praktische Vorstellung davon machen will, die heutigen Congresse der
grösseren internationalen Unionen (Weltposteongress etc.), bei welchen auch
von den in Bezug auf Stimme gleichberechtigten Vertretungen kleinerer und
grösserer Unionsstaaten Dinge verhandelt werden, für die nicht immer schon
eine bestimmte Vollmacht vorliegt und Beschlüsse gefasst werden, denen die
Einzelregierungen dann erst in Folge der Berichterstattung ihrer Abgeord-
neten beitreten müssen.