Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

— 1832 — 
einfach auf die Grossrathsrepräsentanz vertheilt [geschnitzt] wurde 
und es dann jedem Wahlkreise überlassen blieb, auf welche Weise er 
seinen Antheil beibringe) dem Volke nicht weniger als fünf Male 
hintereinander und zuletzt nur auf eine fünfjährige Probe vor- 
gelegt, bis es endlich in den ungewohnten sauren Apfel biss. 
Andererseits ist aber auch zu erwähnen, dass das Volk Ein- 
sicht genug hatte um ein doctrinäres Polizeistrafgesetz, in welchem 
es unter anderen Wohlthaten des Polizeistaates auch mit Prügel- 
strafen beglückt werden sollte, zweimal abzulehnen, dagegen ein 
modernes im Ganzen zweckmässiges, obwohl ziemlich doctrinär 
gehaltenes und gegen hergebrachte Rechtsverhältnisse vielfach 
verstossendes Civilgesetzbuch von 1862 mit grosser Mehrheit an- 
zunehmen, während z. B. der benachbarte Canton St. Gallen noch 
heute ein solches entbehrt. 
Ueberhaupt liesse sich aus der Graubündnerischen Geschichte 
dieses Jahrhunderts wenigstens, kaum nachweisen, dass das Re- 
ferendum daselbst sınen üblen Einfluss gehabt hätte und es ist 
in Graubünden auch niemals anders, als zeitweise in den Vor- 
schlägen des sogenannten „Reformvereins“, einer Gesellschaft, die 
es sich zur Aufgabe machte Verbesserungen einzuführen, die Rede 
von seiner Aufhebung gewesen, sondern es haben (zum Unter- 
schiede von Wallis) alle Verfassungen Graubündens bis auf den 
heutigen Tag ohne Ausnahme dieses wichtige Volksrecht ent- 
halten !P). 
16) Alle gegentheiligen Angaben, wie sie bei einzelnen Gegnern des 
Referendums, u. A. auch bei Duss, sich finden, beruhen auf Irrthum. Auf die 
Bestrebungen einer sehr wohlmeinenden und wohlthätigen Gesellschaft aus 
einer Zeit wo Graubünden mit seinem Referendum ganz allein stand und 
selbst Wallis davon abgegangen war, ist ein zu grosses Gewicht nicht zu 
legen. Dieselbe hatte die ganz begründete Ansicht, ohne dasselbe mit ihren 
sonstigen Reformplänen leichter durchzudringen und es handelte sich 
damals auch ‘wesentlich nur um den Art. 34 der damaligen Verfassung, nach 
welchem die Verfassung selbst blos mit ?/s Mehrheit der Volksstimmen 
abänderlich war. Das Souveränitätsgefühl der einzelnen Gemeinden 
war allerdings mitunter etwas exaltirt. Dem Verfasser selbst ist ein prakti- 
scher Fall vorgekommen, wo eine Gemeinde eine Berufung auf die Eid- 
genössische Verfassung von 1848 mit der kurzen Vernehmlassung abwies, 
sie habe diese Verfassung noch nicht angenommen und kümmere sich dess- 
halb vorläufig nicht um dieselbe. Sonderbar war auch eine allgemeine Ab-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.