Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Volksabstimmung stets mit seinem Gutachten und gutfindenden 
Falles auch mit Gegenanträgen zu begleiten. 
Dem Gesetze bleibt vorbehalten, das Nähere über die Aus- 
übung des Vorschlagsrechtes zu bestimmen. 
Ueberdies hat jeder stimmberechtigte Cantonseinwohner, sowie 
jeder auswärts wohnende Oantonsbürger, die übrigen Erfordernisse 
der Stimmberechtigung vorausgesetzt, das Recht auf dem Wege 
der Petition Anträge an den grossen Rath zu stellen. 
In Graubünden hatte das Referendum seine Popularität nie- 
mals eingebüsst und es ist, wie bereits gesagt wurde, zu keiner 
Zeit, in dem ganzen Verlauf der wechselvollen Geschichte dieser 
oft stürmisch bewegten Republik ein offizieller Versuch gemacht 
worden, dasselbe zu beseitigen, oder auch nur einzuschränken, 
wie dies im Oanton Wallis der Fall gewesen ist, der gegenwärtig 
nur noch einen Schatten der alten Einrichtung besitzt und auch 
hiervon nur geringen Gebrauch macht. Es mag diese Verschie- 
denheit in der Natur der Bevölkerung begründet sein, von denen 
die vorwiegend germanische Graubündens das Referendum mehr 
als einen herkömmlichen Schutz der individuellen Gemeindefreiheit 
gegen die bureaukratische Staatsgewalt, die in den gebildeten 
Ulassen stark romanisirte des Wallis es dagegen mehr als ein 
„instrument dangereux“ ansah, „dont nos conservateurs eux- 
memes ont abandonn& lusage“ ?). 
In beiden ursprünglichen Referendumscantonen ist die recht- 
liche Natur dieses Instituts allmählig eine vollständig andere 
geworden, indem es jetzt nicht mehr, auf föderalistischer Basis 
beruhend, die Genehmigung von Gesetzesvorschlägen seitens selbst- 
ständiger Landestheile bedeutet, sondern die democratische Gesetz- 
gebung durch die Mehrheit der stimmfähigen Bürger des gesammten 
Landes, welche sich statt in bloss Einer Landsgemeindeversamm- 
lung, in einer grösseren Anzahl von solchen vollzieht. Es 
ist daher auch als ein Missgriff zu betrachten, dass man der 
2!) Aus einem Schreiben eines Wallisers an den Verfasser. Im Wallis 
hielt aber auch ein kleinerer Landestheil einen grösseren damit herkömmlich 
in untergeordneter Stellung, während in Graubünden die zwar auch vor- 
kommenden, oben beiläufig erwähnten, Privilegien einzelner Hochgerichte, 
oder Gemeinden von untergeordneter Bedeutung waren.
	        
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