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anhalten, „es wäre denn dass Jr (snaden diese Summe dem Land
etlichergestalt selbst ersetzen“.
Bereits am 3. März 1590 zeigte die Bernische Regierung dem
Herzog an, sie habe den Frieden nicht beschwören können,
bis er den Unterthanen auf ihren Landsgemeinden vorgelegt
worden sei, da die meisten nun aus guten Gründen nicht bei-
gestimmt, so sehe man ihn als widerrufen und cassirt an?®). Der
Herzog hütete sich gegen alles Erwarten seinerseits dem
durch diese Volksabstimmung in Bewegung gesetzten Geiste mit
den Waffen in der Hand gegenüber zu treten, Jiess sich vielmehr
diese nachträgliche Aufhebung eines bereits geschlossenen und
ratificirten Vertrages stillschweigend gefallen und die Stadt Genf,
deren einflussreichste Personen heute Gegner des Referendums sind,
wurde durch dasselbe bei Freiheit, Glauben und Eidgenossenschaft
erhalten ?°). Auch beinahe alle anderen, dieser historischen Berni-
schen Beispiele von Volksabstimmung zeigen uns, dass auch ein
ganzes Volk wohl im Stande sein kann, bei öfterer Praxis selbst
die verwickeltsten auswärtigen Händel mit guter Einsicht zu beur-
theilen, und dass es, gehörige Belehrung vorausgesetzt, die ja auch
in parlamentarischen Versammlungen nothwendig ist, denselben
in der Zuverlässigkeit des gesunden Urtheils im Ganzen nicht
nachsteht.
Die Form, in der diese bernischen Anfragen geschahen, war
keine gesetzlich oder gewohnheitsrechtlich festgestellte, sondern
wie die Anordnung und die Befolgung dieser Volksentscheide
ganz in die Hand der Regierung gelegt. Meistens wurden Aus-
schreiben an die Landvögte und Amtleute gerichtet, mit einem
Fragenschema begleitet, und denselben überlassen, die Unterthanen
28) Der Wortlaut des Schreibens an den Herzog ist: „par vigueur des
presentes nous declarons et signifions ä& votre Altesse ne pouvoir passer & la
diete solemnisation, ainsi entendons que de notre part lesdicts traites en la
forme et teneur qu’ils sont couch6s devoir &tre casses nuls et r&evoques“,
2%) Dass diess die Meinung war, beweist besonders die Anzeige des
Vorgangs an die französische Gesandtschaft, worin gesagt ist, die Berner
haben sich entschlossen „de quitter, casser et annuler ledict trait& .... et
d’observer et satisfaire au mieux qu’il sera possible aux traites de paix et
d’alliance qu’ils ont avec la couronne de France ensemble au trait& de la
conservation de la ville de Geneve“.