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verschrieben , worin neuerdings vorzugsweise die Verpflichtung
enthalten ist, das Land über wichtige Fragen der auswärtigen
Politik zu Rathe zu ziehen, (kein Bündniss und keinen Krieg
ohne Volksanfrage zu beschliessen). Von diesem Vergleiche wurden
zwei Ausfertigungen gemacht und die eine für die aargauischen
Unterthanen in Burgdorf, die andere für die Oberländer in Thun
deponirt. (Art. 3.) Das Protokoll über die Verhandlungen
(Rathsmanual No. 231) und diese selbst, sind ebenfalls sehr
interessant für die specielle Landesgeschichte und noch nirgends
hinreichend beleuchtet. Manches erinnert in diesen älteren Akten-
stücken an die heutigen verschiedenartigen Urtheile über diese
Volksabstimmungen, nirgends aber zeigt sich das tiefe Misstrauen,
welches viele Gebildete heutzutage (trotz aller Schulen) in das
Verständniss des Volkes für seine politischen Angelegenheiten
setzen, sondern der Widerstand der damaligen regierenden Ulassen
erklärt sich einfach durch ihre Abneigung, die Regierungsgewalt mit
Competitoren zu theilen, die nach damaliger Staatsordnung als
ungleich in Rechten erschienen. Erst das Jahr 1869 hat dem
heutigen Canton Bern dieses V olksabstimmungsrecht wieder gebracht.
Eine kleineBroschüre des damaligen gelehrten und zugleich volks-
freundlich gesinnten Staatsarchivars vON STÜRLER, „Die Volks-
anfragen im alten Bern“ (Bern 1869) trug damals nicht wenig
dazu bei, diese Einrichtung als eine Art von Revindication ehe-
mals vorhandener und ohne hinreichenden Grund beseitigter
Volksrechte populär zu machen.
In der Geschichte von Zürich findet sich ein Versuch,
eine Referendumseinrichtung zu Gunsten ° der Landbevölkerung
gegenüber der souveränen Gewalt des Grossen Rathes der Stadt °')
gesetzlich zu begründen, in zwei merkwürdigen Aktenstücken,
den sog. WALDMANN’schen Spruchbriefen von 1489 und dem
Kappeler Brief von 1531. Die erstgenannten Urkunden waren eine
Art von Vermittlungsentscheid der 7 alten Orte der Eidgenossen-
schaft zwischen „ganzer (remeinde der Stadt Zürich“ und „ganzer
Gemeinde vor der Stadt Zürich, als den ihren, an dem andern
Theil“. Der Landschaft wurden durch diese Briefe, welche in
21) Dieselbe wurde eigentlich gleichzeitig erst durch den sogenannten
4. Geschworenen Brief, die 2. Stadtverfassung, festgestellt. (1498.)