— 213 —
in den Cantonen wenigstens, bisher noch immer dahin geht die
zur Stunde noch sehr zahlreichen Verschiedenheiten aufzuheben
und das einfache obligatorische Referendum über bestimmt nor-
mirte Gregenstände, verbunden mit einer Initiative einzu-
führen°!). Diess hätte auch in der That keine erheblichen
constitutionellen und politischen Bedenken, da eine allzu grosse
gesetzgeberische Willkür der cantonalen Bevölkerungen ja imner
ihre Schranke an der Bundesgewalt und den Garantien findet, die
sowohl in der Bundesverfassung, als in den durch das Bundes-
gericht geschützten Cantonalverfassungen niedergelegt sind. Von
einer sehr grossen Tragweite dagegen wäre die Einführung des
obligatorischen Referendums und der Initiative in eidgenös-
sischen Dingen, wie sie vielerseits bestimmt beabsichtigt wird.
Diess allein würde entweder das föderalistische System des jetzigen
Bundes aufheben, oder es müssten entgegengesetzte Garantien
geschaffen werden, welche hinter die Verfassung von 1848
zurückgehen.
Damit kommen wir auf die für auswärtige Leser, die sich
naturgemäss für die cantonalen Verhältnisse weniger interessiren,
wichtigere eidgenössische Gesetzgebung °?).
51) Dies ist die Tendenz im Friedenszustande, bei ungestörtem
Fortbestand der Eidgenossenschaft in Bezug auf ihre inneren und äusseren
Verhältnisse. Welchen Einfluss auswärtige Verwickelungen, oder eine innere
Entwickelung der sozialistischen Ideen auf diese politischen Einrichtungen
haben würden, ist schwer zu ermessen. Jedenfalls würde in allen getährlicheren
Zeiten die Abneigung der liberalen Bourgeoisie gegen die Ausdehnung dieser
Volksrechte sich eher verstärken, als umgekehrt.
52) Die momentan bestehenden cantonalen Verhältnisse sind folgende:
Ungefähr der dritte Theil der Eidgenossenschaft, 7'/ Cantone, hat das obli-
gatorische Referendum angenommen. (Zürich, Bern, Schwyz, Solothurn,
Baselland, Aargau, Thurgau, Graubünden). Ein anderer Dritttheil ungefähr,
8'/s Cantone, haben das facultative Referendum, wornach die Volksabstim -
mung nur auf besonderes Begehren oder besondere Anordnung stattfindet.
(Luzern, Zug, Baselstadt, Schaffhausen, St. Gallen, Tessin, Waadt, Neuen-
burg, Genf.) Von den übrigen 6 Cantonen haben Uri, Glarus und die 4
Halbeantone Ob- und Nidwalden, Appenzell Ausser- und Innerrhoden die
Landsgemeindeverfassung beibehalten, allerdings mit nicht in allen Theilen
übereinstimmender Einrichtung. Wallis besitzt als letzte Erinnerung an die
alten Verhältnisse nur noch ein sehr beschränktes Finanzreferendum, Freiburg
Archiv für öffentliches Recht. II. 2. 15