Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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Organe der Einzelstaaten ein. Dieses Verhältniss muss man bei 
Erlass der Reichsverfassung auch bei der Bestimmung über 
Kolonisation und Auswanderung im Sinne gehabt haben, da man 
für dieses Gebiet keine eigenen BReichsbeamten einsetzte oder 
deren Bestellung wenigstens vorsah. Sind aber die Landes- 
beamten die Organe für Ausführung etwaiger Reichsgesetze über 
Kolonisation und Auswanderung, so können jene Reichsgesetze 
sich nur auf das Reichsgebiet beziehen, nicht dagegen auf die 
Kolonien. 
Man muss hiernach zu dem negativen Ergebnisse gelangen, 
dass die Ausübung der Reichssouveränetät über die Kolonien 
nicht den gesetzgebenden Körperschaften des Reiches zusteht. 
Bei der Frage, wer die Staatsgewalt in den Schutzgebieten 
auszuüben hat, ist vielmehr auf die Thatsache zurückzugehen, 
dass dieselben staatsrechtlich als Ausland gelten. Dem Auslande 
gegenüber ist aber lediglich der Kaiser Vertreter der Reichs- 
souveränetät. Wenn auch der Kaiser, wie bei Kriegserklärungen 
im Namen des Reiches und Abschluss von Verträgen, in der Aus- 
übung einzelner aus dem Recht der völkerrechtlichen Vertretung 
des Reiches sich ergebender Befugnisse durch die Reichsverfassung 
beschränkt ist, so spricht doch die Vermuthung dafür, dass dem 
Kaiser die Vertretung des Reiches dem Auslande gegenüber zu- 
steht. Die Reichsverfassung Art. 11 bestimmt allerdings nur: 
Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten. Man 
könnte also annehmen, dass unter der völkerrechtlichen Vertretung 
nur die bei fremden Staaten zu verstehen sei. Eine solche Ver- 
tretung liegt allerdings bei den Kolonien nicht vor, im Gegen- 
theil sind dieselben, wie bereits ausgeführt wurde, völkerrechtlich 
Inland. Man muss jedoch in den Bestimmungen des Art. 11 der 
Reichsverfassung, wonach der Kaiser das Reich völkerrechtlich 
zu vertreten, im Namen des Reiches Krieg zu erklären und Frieden 
zu schliessen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten 
einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen hat, nur 
die Folgerungen aus einem allgemeinen Grundsatze sehen. Denn 
alle jene Einzelbestimmungen lassen sich aus dem Grundsatze 
ableiten, dass ausserhalb des Reichsgebietes, also auch in den 
Kolonien, der Kaiser als Vertreter der Reichssouveränetät gilt !2). 
'”) In gewissem Masse anerkannt ist dieser Grundsatz schon von
	        
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